BERLIN. „Der Gesundheits- und Infektionsschutz der Lehrenden und der Lernenden muss im Zentrum aller Entscheidungen stehen, wenn die Schulen wieder schrittweise öffnen.“ Diesen Appell richteten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE), die beiden größten Lehrkräftegewerkschaften in Deutschland, gemeinsam mit dem Bundeselternrat (BER) an alle Bildungsministerinnen und Bildungsminister anlässlich ihrer Abstimmungen über das weitere Vorgehen in der Coronakrise.
Statt eines Wettbewerbs, wer zuerst öffnet, müssten die Vorschläge des Robert-Koch-Instituts (RKI) den verbindlichen Rahmen setzen, so heißt es in der Erklärung (zu den Empfehlungen – hier ein ausführlicher Bericht). Die Schulen bräuchten einen klaren Rahmen, innerhalb dessen nach den Möglichkeiten vor Ort entschieden werde. Dafür seien die Expertise der Beschäftigten und die Interessen der Eltern einzubeziehen. Vor Ort müsse eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden. Vor der Öffnung müssten Gesundheitsschutz, Pädagogik und Organisation des Schulweges abgestimmt werden.
Abschlussprüfungen nicht auf Teufel komm raus durchziehen
GEW-Vorsitzende Marlis Tepe machte deutlich: „Schülerinnen und Schüler können aufgrund der Schulschließungen nicht den durch die curricularen Vorgaben vorgesehenen Lernstoff beherrschen. Darauf muss entsprechend flexibel reagiert werden.“ Hierbei seien insbesondere die Kinder und Jugendlichen in den Blick zu nehmen, die ohnehin Lernschwierigkeiten haben oder denen zu Hause aufgrund fehlender Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichend geholfen werden kann.
Vor diesem Hintergrund warnte sie auch davor, Abschlussprüfungen jetzt auf Teufel komm raus durchzuziehen. Das führe zu Ungerechtigkeiten: Vorbereitung und Prüfungsbedingungen sind sehr unterschiedlich. Zudem sei es oft nicht möglich, den notwendigen Infektionsschutz zu gewährleisten und das Abstandsgebot einzuhalten. Eine Ausnahmesituation wie die Corona-Krise verlange besondere Regelungen und Flexibilität. „Entscheidend ist, dass die Schülerinnen und Schüler keine Nachteile haben und die Schulzeit sich nicht verlängert“, betonte Tepe.
Vorlaufzeiten sind in der Regel nicht ausreichend
Der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann legte den Fokus auf die Notwendigkeit der Einhaltung von Hygienestandards und macht deutlich: „Wenn das für eine Schule nicht gewährleistet werden kann, darf sie nicht geöffnet werden. Zudem brauchen Schulleitung eine Ansprechperson, mit der sie diese Belange schnell klären kann.“
Beckmann verwies auf Rückmeldungen aus den Schulen zu den bereits begonnenen Schulöffnungen in einigen Ländern: „Diese zeigen deutlich, dass die Vorlaufzeiten für die Umsetzung in der Regel nicht ausreichend sind. Die Umgestaltung der Klassenzimmer, die Besorgung von Seife und Papierhandtücher und auch die Zusammenstellung von Informationen für Schülerinnen und Schüler brauchen Zeit! Dies muss Schulträgern und Schulen gewährt werden, um im Sinne des Gesundheitsschutzes die notwendigen Absprachen und Vorbereitungen sorgfältig durchführen zu können. Sicherheit und Sorgfalt müssen immer vor Schnelligkeit gehen!“
Beckmann forderte zudem von der KMK ein, die Besonderheiten der Förderschulen und von Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten in den Fokus zu nehmen. Beckmann verwies zudem auf die Dringlichkeit der Bereitstellung digitaler Endgeräte für Bildungsbenachteiligte. Geld hierfür sollte nicht den einzelnen Schülerinnen und Schülern bereitgestellt werden, sondern der Schule, um Geräte für die Ausleihe anzuschaffen.
Bildungsgerechtigkeit nicht aus den Augen verlieren
Bundeselternrats-Vorsitzender Stephan Wassmuth sagte: „Wir dürfen keinesfalls die Bildungsgerechtigkeit aus den Augen verlieren und müssen die Eltern und Schülerinnen und Schüler in diesem Prozess beachten und begleiten.” Dazu gehöre unter anderem, dass Familien und Lehrkräfte einer Risikogruppe für die Schulbesuchsentscheidung und zur Abschätzung des Teilnahme-Risikos die transparente Kommunikation vorab zu den konkreten Hygiene-Vorsorgemaßnahmen in der konkreten Schule und dem Schulweg-Transport erhielten.
Wassmuth: “Eltern haben in den letzten Wochen Außergewöhnliches geleistet und wir wünschen uns, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen: mit gut ausgestatteten Schulgebäuden, sinnvollen und ausreichenden Lehrmaterialen und gut ausgebildeten Lehrkräften! Gemeinsam haben wir nicht nur die Möglichkeit, die Digitalisierung deutlich voranzutreiben und den Anschluss an die anderen Schulsysteme wiederherzustellen, sondern auch moderne Lernkonzepte endlich umzusetzen. Dies kann uns nur gelingen, wenn Politik, Verwaltung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern auf Augenhöhe und vor allem gemeinsam in dieser Krise agieren.“ News4teachers
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Robert-Koch-Institut befürchtet steigende Corona-Zahlen durch Schulöffnungen
Sorry Leute, aber der Appell kommt zwei Wochen zu spät! Nächsten Montag geht es in den meisten Grundschulen mit Klasse 4 wieder los. Konzepte – bisher Fehlanzeige. Jeder Schule/ jeder Schulleiter muss zusehen, wie er das dann alles organisiert kriegt. Heute meldet das RKI, dass statistisch schon wieder jeder im Schnitt eine Person ansteckt. Im Kontext Schule ist es kein Problem, dass ein Infizierter 50 Personen an einem Tag ansteckt. Schön, dass wir uns alle daort bald wieder unvorbereiteterweise tummeln werden. Das kann nicht gut gehen. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand!
Ich kann nicht verstehen, warum auf die Wertung des Schuljahres 2019/2020 festgehalten wird. Alle Schüler mit Ausnahme der Abschlussklassen wiederholen das Jahr. Dann wäre die Quälerei für alle Beteiligten ( Eltern, Schüler und Lehrer) endlich beendet. Und bei den Abschlussprüfungen sollten die Schüler entscheiden, ob sie diese jetzt schreiben oder im nächsten Jahr.
Die Länge eines Schuljahres ist kein Entscheidungsmerkmal, um sich für oder gegen eine Versetzung auszusprechen. Hinzukommt dass die KMK den Übergang ins nächste Schuljahr empfiehlt. Die Aberkennung eines Schuljahres infolge der Corona-Pandemie ist juristisch nicht haltbar und führt zu einer Unzahl von Klagen, die jeder Rechtsreferendar kurt nach der Ernennung gewinnt.
Sollte ich falsch liegen; mir kann nichts mehr passieren. Die Versetzungen am Ende der Kurzschuljahre in den 60ern sind nicht anfechtbar – sie müssen wenn dann als fehlerhafte, begünstigende Verwaltungsakte eingestuft werden, die ihre begünstigende Wirkung nicht mehr verlieren können.