DUISBURG. Lehrkräfte, die die kulturelle Diversität im Unterricht sensibel wertschätzen, verbessern so die schulische und psychische Anpassung ihrer Schülerinnen und Schüler – sowohl mit als auch ohne Migrationserfahrung. Das zeigt eine neue Studie aus dem Institut für Psychologie der Universität Duisburg-Essen, die an Grundschulen im Ruhrgebiet durchgeführt wurde.
Die Forschenden wollten wissen, inwieweit kultursensibles Unterrichten mit der schulischen Leistung, dem Schulzugehörigkeitsgefühl und der Lebenszufriedenheit der Schülerinnen und Schüler assoziiert ist. Zusätzlich berichten die Kinder auch über ihre Wahrnehmung über das kulturelle Diversitätsklima im Klassenzimmer.
Dr. Francesca Ialuna und Prof. Philipp Jugert vom Lehrstuhl für Interkulturelle Psychologie – Migration und Integration hatten zusammen mit Dr. Sauro Civitillo (Universität Utrecht) und Prof. Maja Schachner (Universität Halle-Wittenberg) dazu 41 Lehrkräfte und 234 Viertklässlerinnen und Viertklässler befragt – davon 38 Prozent geflüchtet oder zugewandert.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das durch Lehrkräfte selbst eingeschätzte kultursensible Unterrichten positiv mit den Deutschkenntnissen und mathematischen Fähigkeiten der Schüler:innen zusammenhängt“, so Francesca Ialuna. Weitere Ergebnisse: „Schüler:innen, die über multikulturelle Themen im Unterricht lernen, fühlen sich mehr zugehörig zur Schule und generell auch wohler. Die von Grundschulkindern wahrgenommene gleiche Behandlung durch Mitschüler:innen ist positiv mit ihren mathematischen Fähigkeiten assoziiert.“ Alle Ergebnisse gelten sowohl für zugewanderte und geflüchtete als auch für nicht-zugewanderte Kinder.
Das Forschungsteam zieht das Fazit, dass das kultursensible Unterrichten sowie ein positives kulturelles Diversitätsklima im Klassenzimmer die schulische und psychische Anpassung aller Grundkinder fördern können, unabhängig von deren Migrationserfahrung. News4teachers
Philologen: „Wir kommen mit der Heterogenität in den Lerngruppen an Grenzen“
Eine Sternstunde der Wissenschaft, wer hätte das gedacht:
Es wirkt sich positiv auf den Lernerfolg aus, wenn sich Grundschulkinder im Unterricht wohlfühlen.
Viele reflektierte Praktiker*innen werden darüber dankbar sein.
Angesichts der abfälligen Bemerkungen über Migranten, die sich auch hier im Kommentarbereich bisweilen finden, ist der Hinweis darauf wichtig, dass erstens ein positives Klassenklima lernförderlich ist und zweitens die Akzepanz der Kultur jedes einzelnen Schülers zum positiven Klassenklima dazu gehört.
Was soll ich denn tun, wenn es Konflikte in der Klasse aufgrund der unterschiedlichen Kulturen gibt? Wenn ich das akzeptiere, gibt es kein positives Klassenklima mehr.
Ich unterrichte an einer Schule mit über 60 verschiedenne Nationalitäten.
Ernsthafte Konflikte unter den Schülern aufgrund unterschiedlicher Kulturen habe ich noch nicht erlebt.
Vieleicht liegt das am Selbstverständnis an unseer Schule, dass jeder gleich wertvoll ist. Und wenn es einmal kulturelle Konflikte an unserer Schule geben würde, dann gäbe es ja nur eine Weg: Verständnis untereinander für die verschiedenen Kulturen schaffen.
Sie scheinen vorausszusetzen, dass bestimmte Kulturen für die Konflikte verantwortlich sind. MIt deser Einstellung sind möglicherweise Sie es, der für ein schlechtes Klassenklima sorgt.
Kultursensibel sein heißt doch nicht, alles unter den Tisch zu kehren.
Wir behandeln z. B. „Countries, regions and languages“. Da kommt von den Kids dann France – French, Great Britain – English, Kurdistan – Kurdish), es wird alles angeschrieben. Wenn A dann aber behauptet: „Es gibt keine Kurden. Die haben ja kein Land“ und B nachlegt: „Kurdisch gibt es nicht, das ist nur schlechtes Türkisch“, dann gibt es von mir u. a. ein Input zu den indogermanischen Sprachen bzw. Turksprachen. Wenn die kurdischstämmige Person C dann fragt: „Siehst du mich? Bin ich hier?!“, pflichte ich ihr bei und bitte A und B, sich breiter zu informieren etc.
Als der Duden das Wort „Inshallah“ aufgenommen hat, habe ich das erwähnt und die Jugendlichen waren sehr überrascht, aber positiv.
Sehen und gesehen werden. Gegenseitiger Respekt. Wertevermittlung als Querschnittsaufgabe. Das sind doch nicht nur Schlagwörter.
Was witzig ist und was zumindest unschön, müssen wir auch thematisieren. Wird einer italienischsprachigen Schülerin „Pizza mit Ananas“ hinterhergerufen, verlangt das auch unser Eingreifen. Konflikte nicht akzeptieren, natürlich nicht. Angemessen reagieren.
Bei einer sehr guten Fortbildung wurde uns mal vom Referenten gesagt: „Respektlosigkeit hat keine Kultur“ (Ibrahim Gülnar, „Ostkreuz“, Stiftung SPI). Das muss uns allen klar sein und das müssen wir als Maßstab nehmen.
„Respektlosigkeit hat keine Kultur“ – diesen Satz finde ich viel besser als „Kultursensibilität“. Respekt, Einfühlungsvermögen und Toleranz – das sind Begriffe, die mMn. alles umfassen. Da müssen nicht ständig irgendwelche neuen schönen Begriffe in den Ring geworfen werden. Wenn alle Menschen diese „Tugenden“ beherzigen würden und Menschen als Menschen behandeln würden, könnte die Welt so schön sein und manche Diskussion, nicht nur hier bei n4t, wäre überflüssig.
Herr Gülnar würde sich sehr freuen!
Für ein kultursensibles Unterrichten bietet sich das Fach Mathematik an.
Die Reise durch die Mathematik zieht sich über den Erdball und berührt viele Kulturen, wenn man es nur so unterrichtet.
China war zu einer Zeit in seiner Blüte der Mathematik als es in Europa noch finster und dunkel war ( grob formuliert).
Seki Takakazu entdeckte Dinge, die auch Leibniz erforschte. Beide arbeiten unabhängig voneinander die selben Dinge heraus.
„Unsere Zahlen“ sind nicht bei uns entstanden, wir verwenden sie aber, weil das System genial ist.
Aber dass die Forschenden gerade in Duisburg kultursensibles Unterrichten fordern, wundert mich nicht.
Grüße nach Duisburg-Marxloh!
Ich verstehe unter dem Begriff „kultursensibel“ ja irgendwie etwas anderes.
Es geht meiner Meinung nicht darum, welche Kultur welche Leistungen in der menschlichen Geschichte gebracht hat sondern darum, dass man Kinder für die aktuelle Kultur der anderen sensibilisiert.
Gehört für mich vor allem in den Religionsunterricht und alle anderen Gesellschaftlichen Fächer.
Es gehört nicht nur als Stoff unterrichtet, sondern v. a. im Schulalltag vorgelebt.
Frei nach Karl Valentin:
Wir können den Kids nichts beibringen. Sie machen uns sowieso alles nach.
@Meurer
Was ist eigentlich „aktuelle Kultur“? Für ukrainische Kinder also die „Kriehskultur“? Oder die der letzten Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, oder die Sowjetzeiten (und „Golodomor“ oder der 2. Weltkrieg , oder das „Kiewer Rus“ oder die Tataren, oder …?
Was bedeutet “ kultursensibel“ ? Was wären multikulturelle Inhalte beispielsweise im Anfangsunterricht Mathematik?
Ich mag es nicht, wenn Schlagwörter hingeworfen werden, ohne dass das präzisiert wird.
Oder anders gefragt: Was ist nicht kultursensibel?
Gerne hier nachlesen: https://www.edu.lmu.de/basis-inklusion/90min_sprint/checklisteinterkulturelleschul.pdf
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Danke, das ist wirklich interessant.
SchülerInnen als eigene Persönlichkeiten behandeln, Rücksichtnahme und ein gutes Klassenklima führen zu besseren Lernerfolgen. Innovativ…
UND kultursensibel 😉
„…dass das durch Lehrkräfte selbst eingeschätzte kultursensible Unterrichten..“
Ich wollte schon bei der Überschrift fragen, wie denn der damit zu vergleichene „unkultursensible“ Unterricht genau ausgesehen hat oder wie der Grad der „Kultursensibilität“ überhaupt gemessen worden ist.
Aha, durch Selbsteinschätzung, wie objektiv.
Wow, das scheint mir (mal wieder) eine weitere handwerklich höchst solide Studie zu sein. (Ironie.)
Ich glaube es gibt durchaus (zum Glück sehr wenige) Kollegen, die sich im Unterricht sehr unsensibel äußern. Könnte mir da so Dinge vorstellen, wenn es um Zuckerfest oder sonstige Dinge gibt wie „ach ihr wieder und eure komischen Feste“ oder solche Kommentare.
Aber wie ich in einem anderen Kommentar auch schon bereits erwähnte, würde ich davon ausgehen, dass jeder, der wirklich geeignet für diesen Beruf ist und sich für Kinder interessiert automatisch kultursensibel unterrichtet und vorgeht.
Gilt „kultursensibel“ auch für die deutsche Kultur?
„Kultursensibel“ gilt sogar für Trolle.
Klar!
Tatort gucken, bei Temperaturen über 10°C nen Grill anheizen, Müll trennen, Fenster auf Kipp stellen, Apfelschorle trinken, alle Erziehungsprobleme mit „Wald“ beantworten 😀
Wieso erst bei über 10 °C?
Leider nein, ich habe ja bereits Beispiele gebracht, s. u. Ich denk mir das wirklich nicht aus.
Ich hab ernsthaft schon Sprüche und Kommentare gehört wie „Die Islamisten haben ja wieder ihren Ramadan“ (falsche Wortwahl, Possessivbegleiter überflüssig) und „Dass die nicht schwitzen in dieser Kleidung“ (geht uns nichts an, die Jugendlichen können selbst entscheiden, wie sie sich kleiden)
Es ist wirklich noch viel Luft nach oben.
Kurze Nachfrage: Was ist denn ein „positives kulturelles Diversitätsklima“. Kann man das mal irgendwie definieren?
Und gibt es dann auch ein „negatives kulturelles Diversitätsklima“? (Mir persönlich fallen durchaus Szenarien dazu ein.)
Aber gibt es dann auch positives/negatives kulturelles Homogenitätsklima?
Was ist mit positivem/negativem Diversitätsklima in Bezug auf sozial-ökonomischer Stellung/sexueller Orientierung/politischer Verortung, intellektueller Leistung etc. ?
(Das soll jetzt gar keine Sophisterei sein, ich frage aus echtem Interesse.)
Das habe ich mich auch gefragt. Und wie misst man das?
Ihnen fallen Szenarien ein, die Kultur Ihrer Schüler*innen herabzuwerten?
@Rainer Zufall:
Nein, und das habe ich auch nicht geschrieben.
Mir fallen Szenarien ein, in denen die Diversität verschiedener Kulturen zu negativen Spannungen innerhalb der Klasse führen, um es gelinde zu formulieren.
Ich empfinde Ihre Angewohnheit, anderen Menschen irgendwelche Worte, Aussagen, Wünsche oder Träume in den Mund oder in den Kopf zu legen als hochgradige polemische Impertinenz.
Wenn es denn absichtlich geschehen sollte.
Wenn unabsichtlich, dann ist es genauso bedauernswert, aber dann verkneife ich mir die Formulierung, als was ich es ansehe.
„Ich empfinde Ihre Angewohnheit, anderen Menschen irgendwelche Worte, Aussagen, Wünsche oder Träume in den Mund oder in den Kopf zu legen als hochgradige polemische Impertinenz.“
Ein Ratschlag: Dann drücken Sie doch klar aus, was Sie meinen.
„Mir fallen Szenarien ein, in denen die Diversität verschiedener Kulturen zu negativen Spannungen innerhalb der Klasse führen, um es gelinde zu formulieren.“
Was soll das denn heißen? Welche Szenarien fallen Ihnen ein?
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Mir fällt spontan eine Schule in Neuss ein, wo Schüler der Oberstufe die Einführung konservativ islamischer Regeln gefordert haben.
„In einem «schleichenden Prozess» hätten drei Oberstufenschüler versucht, andere auf subtile Art und Weise zu manipulieren, um etwa Geschlechtertrennung herzustellen. Die Schule habe die Situation mit dem Trio aber zu keinem Zeitpunkt als Krise eingeschätzt, sagte Oppermann. «Die Schulleitung betont, dass die Darstellung in der Presse so nicht der Wahrheit entspricht.» Auf ihrer Homepage beklagen Schüler und Lehrer der Gesamtschule «Sensationsgier» und eine übertriebene Darstellung des Vorfalls in den Medien.“
Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2024/01/medien-hysterie-um-vermeintliche-scharia-polizei-an-schule-schulministerium-ueberzogen/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das widerspricht ja nicht der Idee, kultursensibel auf die Schüler einzugehen und ggf. die Unvereinbarkeit zu erklären, anstatt über Scharia-Polizei auszurasten
… Hatte die Union da ihre Idee von der Sprachpolizei her? Sehr kultursensibel 😛
Mir fällt z.B. ein Szenarium ein, in dem ein sich leicht weiblich kleidender, kajalgeschminkter Schüler verbal bedroht und beleidigt wurde (Ich hoffe, dasss es „nur“ dabei geblieben ist, aber bin mir nicht sicher. So etwas geschieht dann gerne im Dunkelfeld.) von Mitschülern, deren Herkunftskultur sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie Männer (aber auch Frauen) sich zu benehmen hätten.
Das ist aber nur ein sehr plakatives Beispiel von vielen.
Jeder Konflikt außerhalb strahlt auch in die Schule (Ukraine-Russland, Israel-Palästina, Religiösität-Säkular geprägte Gesinnung…) , mit oftmals negativen Auswirkungen für das Schul- oder Klassenklima.
Ich halte es für maximal naiv, zu meinen, dass unterschiedliche Meinungen und Wertevorstellungen beim Aufeinandertreffen immer zu einem konstruktiven Disput führen, der sich dann natürlich immer als wahrhaft bereichernd, gedanklich befruchtend, den Horizont erweiternd …(beliebig fortführen!) darstellt.
Das mag die hehre Theorie sein.
In der Praxis führt das gerne in Seperation oder sogar in handfeste (gerne wörtlich nehmen) Konfikte.
Aber da hat sich wahrscheinlich wieder mal die Schule nicht genügend um die positive Darstellung der Diversitäten bemüht, ich weiß…
Inwieweit widerspricht das denn der Forderung, kultursensibel zu unterrichten? Das Bewusstsein, dass Schule divers ist und deshalb kulturelle Konflikte möglich sind, gehört ja schon zur geforderten Kultursensibilität. Gegenseitige Wertschätzung ist dann das Fundament, auf dem sich mögliche Konflikte entspannen und Vorurteile abbauen lassen. Aus der „Checkliste Interkulturelle Schule“ zum kultursensiblen Unterricht:
„Nutzen Sie die Lebenswelt aller Schüler*innen als Ausgangspunkt von Unterricht. Greifen Sie Themen auf, die für die Lebenswelt Ihrer Schüler*innen relevant sind und machen Sie deren Wert deutlich.
Vermitteln Sie kulturelle, weltanschauliche und religiöse Werte, Normen und Lebensformen so, dass sie die Möglichkeit des Nachdenkens über eigene Standpunkte offerieren. Ein Beispiel dafür könnte die Analyse von Lösungsansätzen für politische oder soziale Konflikte und deren kulturelle und strukturelle Bedingtheit im HSU oder Sozialkundeunterricht sein.
Nutzen Sie interkulturelle Inhalte aus dem Lehrplan oder Curriculum. Verwenden Sie Materialien, die Vielfalt widerspiegeln und keine Klischees oder Stereotype reproduzieren.“ Quelle: https://www.edu.lmu.de/basis-inklusion/90min_sprint/checklisteinterkulturelleschul.pdf
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Entschuldigung, es ging im Artikel um kultursensible Lehrkräfte, daher nahm ich an, dass Sie sich darauf bezogen haben.
Aber hier freue ich mich doch sehr, mich geirrt zu haben 🙂
Und die Lösung sieht Ihrer Meinung nach dann so aus, dass Lehrkräfte nicht kultursensibel sind, sonder Kulturen vor der Klasse heruntermachen?
Super Idee! Das funktioniert bestimmt.
Nein, so sieht mein Lösung nicht aus!
Wo schrieb ich solches?
Ich dachte Ihrem Kommentar (offensichtlch falsch) folgend, Sie hätten Beispiele für „negative kulturelle Diversitäsklimata“ seitens von Lehrkräften – was mich erschrak.
Ich freue mich, Sie missverstanden zu haben, aber ich forderte nichts
Ich glaube, Sie haben mich verwechselt.
Jup, ich meinte Wiedenhammer °__°
Sorry
Aus echtem Interesse können Sie davon ausgehen, dass Ihre Kinder mit all ihren Identitätsaspekten gesehen und wertgeschätzt, or dare I say, geliebt werden wollen.
Kann man natürlich nicht wissen, wenn man das erst seit gestern macht.
„Kinder mit all ihren Identitätsaspekten gesehen und wertgeschätzt“ – Beispiel: nur zwei Kinder einer 3. Klasse an meiner GS:
Welchen Identitätsaspekt soll ich bei diesen 2 Beispielen besonders beachten? Das war noch vor Beginn des Ukrainekriegs, das hätte die Sache mit dem zweiten Beispiel sonst noch komplizierter gemacht.
In der Klasse waren 23 Kinder und davon noch einige mit anderem kulturellen Hintergrund.
Na, das Kind in seiner Diversität beachten halt. „So, wie es ist, mit all seinen Facetten“. Gilt übrigens auch für deutsch-deutsche Kinder.
Eine Folie/Schablone gibt es nicht.
Das Wichtigste ist, dass wir Kopfkino vermeiden und alles immer ausschließlich auf die Herkunft schieben („Das ist jetzt das Kenianische an ihm“).
Wie weit darf/soll/muss/kann ein Lehrer eigentlich in den familären/kulturellen Hintergrund jedes einzelnen seiner Schüler eindringen? Man kann, so meine Erfahrung, sehr schnell als übergriffig wahrgenommen werden oder noch schlimmer in (kulturelle) Fettnäpfchen treten, auch wenn man es nur gut meint. So erlebt bei den beiden Beispielen, die ich anführte. Beides Kinder meiner ESE-Kleingruppe. Die Sozialpädagogin, Klassenlehrerin und ich hatten sehr guten Kontakt zu allen Elternseiten und schon recht gute Kenntnisse über Probleme. Allerdings liefen beide Schulhilfekonferenzen mit Schulleitung und Jugendamt nicht so gu, vor allem die Schulleiterin tappte in so einige Fettnäpfchen, obwohl sie es nur gut meinte. Die Sozialpädagogin und ich hatten danach eine Weile zu tun, die Wogen bei den Eltern zu glätten.
Manchmal ist es besser an gewissen Dingen nicht zu rühren, wenn man die (kulturellen) Hintergründe nicht ganz genau kennt und wer kennt sich schon überall genau aus?
Meine Devise, und damit bin ich bisher immer gut gefahren, alle Menschen als Menschen behandeln und ihnen nichts ungefragt aufdrängen, aber das, was sie freiwillig erzählen „wahrnehmen“und beachten.
Volllste Zustimmung!
Was ist jetzt so schwer daran, den Kindern Empathie und Wertschätzung für die schwierigen Verhältnisse, mit denen sie zurechtkommen müssen ,zuteil werden zu lassen, Interesse zu zeigen, ein Gespräch aufzunehmen, Unterstützung anzubieten.
Gerade in der Grundschule ist das doch nicht so schwer. Bei der Jahresabschlussfeier bei uns in der Schule formulieren die nicht muttersprachlichen Kinder Neujahrsgrüße in ihrer Muttersprache. Das kostet nichts und der Aufwand hält sich in sehr engen Grenzen.
Genau das machen gute Lehrer doch schon immer, zumindest sollte es so sein. Es geht mir darum, dass zuviel des Guten auch Schaden anrichten kann! Wenn „kultursensibel“ das meint, was Sie schreiben, warum muss das dann extra mit einem neuen „schönen“ Wort umschrieben werden? Was soll diese Studie dann genau aussagen?
„(…) warum muss das dann extra mit einem neuen „schönen“ Wort umschrieben werden? Was soll diese Studie dann genau aussagen?“
Dazu habe ich mich weiter oben schon geäußert.
Empathie ist nicht das gleiche wie „Kultursensibilität“. Empathie betriff das generelle Verhalten anderen gegenüber, egal, wie deren Kultur oder Verhältnisse auch aussehen.
„Kultursensibilität“ dagegen ist wieder mal so ein windelweicher Wischi-waschi-Begriff.
Deshalb fragte ich ja schon nach einer genaueren Begriffsbestimmung. Das hatte schon seinen Grund.
So geht es mir auch!
Solche Fragen , wie Sie sie stellen, um vom eigentliche Theme abzulenken tragen zum Bespiel zu einem negativen kulturellen Diversitätsklima bei.
Ihre Fragerei verläuft ganz nach dem Motto: “ Eure diversen Kulturen interssieren mich nicht die Bohne. Ich werde jetzt mal von dieser Diskussion ablenken.“
Nein!
Meine Fragen weisen auf eklatante Lücken in dem Artikel zu der Untersuchung (oder sogar in der Untersuchung selbst?) hin.
Und klare Definitionen sind die sinnvolle Grundlage einer jeglichen Diskussion, ansonsten reden nur alle aneinander vorbei
Mit anderen Worten führen Wertschätzung und Beziehungsqualität zu besseren Leistungen und größerem Wohlbefinden. Das ist jetzt nicht gerade eine neue Erkenntnis.
Das als Kultursensibilität zu etikettieren finde ich ein bisschen seltsam.
Na ja, je nach Lage der Schule unterscheidet sich die Kultur der Lehrer durchaus von der nahezu aller Schüler in der Klasse…
Lesen Sie sich mal eine wenig die Kommentare durch.
Es könnte Sie überraschen, welchen Unterschied die Akzeptanz, geschweige eine Wertschätzung der Kinder ausmachen kann 😀
Ich weiß oder glaube zu wissen, was Sie sagen wollen. Wertschätzung, Kennenlernen und Beziehungspflege gegenüber einem mir anvertrauten, um nicht zu sagen ausgelieferten Menschen, umfasst natürlich auch den kulturellen Background.
Aber das Wording fordert schon eine gewisse Reaktanz heraus. Es beschleicht einen das Gefühl, dass man mal wieder erzogen und auf Linie gebracht werden soll.
Wer seinen Schutzbefohlenen gegenüber keine Wertschätzung hegt, der hat natürlich auch keine bzgl. des kulturellen Backgrounds. Ist aber irgendwie ein Nobrainer. Ich weiß, dass solche Leute herumlaufen (auch nicht zu wenig), aber die fängt man auch und erst recht nicht mit „Kultursensibilität“.
„Es beschleicht einen das Gefühl, dass man mal wieder erzogen und auf Linie gebracht werden soll.“
Offensichtlich ergibt es sich bei manchen nicht von alleine, so traurig und unverständlich dies manchmal ist.
Das Wording verfolgt ein Ziel, umgekehrt würde es mich mehr stören, wenn erwachsene Lehrkräfte gepampert werden.
Im Ernst: es wird wissenschaftlich der Nutzen bewiesen und dennoch garantiere ich Ihnen, wird das manche nicht von dieser Selbstverständlichkeit überzeugen 🙁
Aber „Kultursensibilität“ ist doch ein so schönes, wohlklingendes und einfach auszusprechendes und zu schreibendes Wort. Das prägt sich doch gut ein und ist auch bestimmt ein super „Totschlagargument“ für alles, was nicht so gut läuft in Schulen: „Die lehrer unterrichten eben nicht kultursensibel genug!“ – Der Inhalt dieser „Worthülse“ ist unwichtig! 🙂
Es handelt sich unseres Wissens nicht um eine Geheimwissenschaft. Gerne hier nachlesen: https://www.edu.lmu.de/basis-inklusion/90min_sprint/checklisteinterkulturelleschul.pdf
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Um alle ihr Potential in Deutschland ausschöpfen zu können, müssen die Schüler Deutsch als Zweitsprache lernen. Evtl. auch noch verhandlungsicher Englisch. Kultursensibel bedeutet also keineswegs, keine Leistung zu fordern. Sehr wichtig. Das wird auch in der Checkliste betont und ist hilfreich.
Meines Wissens wurde dies noch nie als Totschlagargument verwendet, um politisches und strukturelles Versagen zu verschleiern
Lieber Rainer Zufall: NOCH nicht….
Dann nehmen wir uns doch erstmal der echten Probleme an, die es nachweislich gibt, anstatt Lösungsansätze durch Phantasie zu untergraben 🙂
„Die von Grundschulkindern wahrgenommene gleiche Behandlung durch Mitschüler:innen ist positiv mit ihren mathematischen Fähigkeiten assoziiert.“
Klingt erst einmal gut. Aber was heißt das konkret? Was versteht man unter „gleiche Behandlung“ und wie kommt dann die Wirkung auf die mathematischen Fähigkeiten zustande? Mir fehlt die Vorstellungskraft, um die Wirkweise zu verstehen. Sorry!
Positives Klima = besseres Lernen? Das kann man entweder durch vorhandene Empathie und etwas Vernunft versuchen zu erreichen oder, wenn nicht ausreichend vorhanden, eine Checkliste zur Diversitätspädagogik abarbeiten.
Beschwerden über ungleiche Behandlung oder Diskriminierung durch MitschülerInnen kommen fast nie vor, in Mathe sind alle gleich schwach, dann war der Unterricht wohl kultursensibel (Selbsteinschätzung Lehrer). Oder funktioniert das nur anders herum, muss ich erst meinen Unterricht entsprechend einordnen und dann die Feststellungen treffen? Mist, ich bin auch verwirrt…
Glückliche Kinder lernen leichter, besser und schneller.
Das ist eine richtige, aber auch pauschale Aussage. Was hat das jetzt konkret mit Mathe zu tun? Kinder, egal welcher Ethnie, lernen wahrscheinlich auch besser Ma, wenn sie nicht ständig von ihren „Vorbildern“ hören: „Ma ist nicht so wichtig. Da war ich auch nicht gut.“
Auch im Fach Mathe schadet es nicht, eine positive Beziehung zu den Kindern aufzubauen. Gelinde gesagt.
Um es mathematisch zu formulieren:
Beziehungsarbeit ist eine notwendige Bedingung und nicht lediglich eine hinreichende.
Positive Beziehung – kultursensible Beziehung – worin besteht der Unterschied?
Ich stimme Ihnen absolut zu! Leider muss ich das auch immer hören („Französisch konnte ich auch nicht“).
Z. B. in den USA gibt es das Konzept des Strebers so nicht, stattdessen den „A student“, der nicht nur 1en hat, sondern auch sportlich aktiv ist, in Debattierklub etc.
Warum sind Leistung und Anstrengungsbereitschaft in D so negativ konnotiert?
Weil alle gleich sein sollen, und keiner mehr können darf als der andere, sonst ist der andere gleich „beschämt“, und sowas will ein „guter“ Pädagoge doch nicht. Echt jetzt, eigene Erfahrung: In BW wird man als Lehrkraft von den grünen Bildungspolitikern als rückständig und „Leistungsdruck erzeugend“ abgewertet, schon wenn man sich nur für Klassenarbeiten und Notengebung ausspricht – alles Vergleichende ist pfui, Anstrengung und Üben einfordern schadet dem „Wellbeing“ der Kids in der Schule..
Hier hat sich eine derartige Leistungs-, Arbeits- und Prüfungsfeindlichkeit eingestellt, dass wir in den Schulen am besten nur noch schauen, wer da ist,wegen der Aufsichtspflicht, und alles andere lassen wir die Schüler selbst entscheiden.Dann kommt nach dieser Logik die beste Schulbildung raus – es ist grauslich! Kein Wunder, dass in BW der Weg nur noch nach unten geht!
Irgendwo müssen die grünen Nachwuchskräfte für die Politik doch herkommen 😉
Irgendwo hab ich mal ungefähr folgendes gelesen:
„Der junge Mensch weint, schreit, führt eine schwere Kindheit an etc. und bittet um noch eine Chance.
Doch es hilft alles nichts: ‚Fahren Sie jetzt rechts ran. Sie haben die Fahrprüfung nicht bestanden.‘
Die erste richtige Prüfung im richtigen Leben halt …“
So ist es!
Und das schlimmste ist, jene Schüler zu sehen, die sich gerne entwickeln würden (auch wenn das in den allermeisten Fällen zumindest ein klein wenig „Schubsen“ erfordert), denen das aber aus der von Ihnen angesprochenen allgemeinen Einstellung zu Leistung oder auch nur Anstrengung doppelt schwer bis fast unmöglich gemacht wird.
Gestern abend wurde im ZDF ähnlich argumentiert und zwar zu Beginn der Übertragung der Abschlussfeier von Olympia 2024 in Paris. Ronald Rauhe (ehemaliger Kanute) und Kristina Vogel (ehemalige Bahnradsportlerin) äußerten sich zum Thema Leistung.
Er beklagte das „Verteufeln von Leistung“. Sie stellte die rhetorische Frage „Warum soll man heutzutage noch Leistung bringen?“
Kleine Kinder strengen sich noch an, üben stetig krabbeln, laufen, sprechen, über Jahre, Misserfolge und Rückschläge gehören für sie dazu. Warum geht dieser Biss verloren?
Weil die grün-rote Gleichheitsideologie Unterschiede bei den Menschen verteufelt: Es darf keiner etwas besser können oder schlauer sein als der andere. Hier wird jeder Unterschied geleugnet oder zumindest verteufelt, weil es sein könnte, dass jemand anderes sich dadurch „benachteiligt“ oder „beschämt“ fühlen könnte. Dabei wollen Kinder sich aneinander messen, sie machen Wettrennen, sie wollen gewinnen, sie brennen für Wettkämpfe! Dabei lernen sie fürs Leben, auch und gerade Resilienz und Verlieren können – um wieder von vorne anzufangen und mit Mut neu zu beginnen. Mal ist der eine, mal die andere besser, das muss man lernen auszuhalten. Ich verstehe nicht, wie eine solch primitive Denke vom Leugnen aller Unterschiede mit derartigen politischen Folgen der Leistungsverachtung so eine Verbreitung in der Politik erfahren konnte. Das Wort „Begabung“ oder gar die Betrachtung von vererbter Intelligenz ist ja schon ganz verpönt. In der Schule: Keine Noten, keine Vergleiche im Sport, keine Prüfungen, keine Anstrengung einfordern, alle in eine Klasse stecken – und wenn bei einem Kind durch Förderung, Engagement und Interesse der Eltern Vorteile entstehen könnten, dann möglichst alle zusammen in den Zwangs-Ganztagsbetrieb stopfen wollen, damit der Einfluss der Eltern nivelliert werden kann. Niemand darf es besser haben als andere.. In einer Schule wurde in der LPK ernsthaft darüber diskutiert, ob man die von der Schule traditionell vergebenen Buchpreise oder Belobigungen für sehr gute Leistungen in den Jahreszeugnissen aus vermeintlichen „Gerechtigkeitsgründen“ nicht jetzt abschaffen müsste… Zum Glück sind sie geblieben.
Zu den Grundlagen: Wir werden es nie schaffen, dass der Einfluss der Familie wirkungslos ist – gut so. Sonst müssten wir alle Kinder nach der Geburt den Eltern wegnehmen und zwangsweise in Heimen aufziehen – wie sagte einst ein Politiker: „die Hoheit über die Kinderbetten bekommen! Nein, ich bin natürlich nicht dafür, Kinder, die das Pech haben, dass ihre Eltern als Erzieher versagen, im Stich zu lassen, hier müssen Hilfen gegeben, aber auch solche Eltern mit Druck in ihre Pflicht genommen werden. Nur wenn das nicht klappt, wenn die Eltern ihre „ihnen zuvörderst obliegende Pflicht“ zur Erziehung und Pflege der Kinder nicht erfüllen, dann muss das Jugendamt massivst eingreifen!
Es ist einfach dumm und verantwortungslos, Kindern und Jugendlichen, wie heute oft praktiziert, die Leistungsbereitschaft abzuerziehen, sie nur schonend in Watte packen zu wollen und nur das vordergründige „wellbeing“ in den Blick zu nehmen – so wird kein Schüler mehr lebenspraktische und zukunftsfähige Kompetenzen erlernen können. Wie soll das enden? Wie sollen diese Menschen zukunftstüchtig werden? Welch eine zutiefst verantwortungslose Politik, die das fördert, siehe auch den Artikel der Leipziger Grünen-Politikerin Christin Melcher.
Fragen über Fragen …
Hier der Link zu einem Artikel über Kristina Vogels Äußerungen (ZDF-Sendung, Abschluss von Olympia in Paris) :
https://www.sport1.de/news/olympia/2024/08/olympia-warum-soll-ich-noch-leistung-bringen-olympiasiegerin-kritisiert-deutsches-sportsystem.
U. a. steht da: „Die Probleme fangen laut der langjährigen Athletin schon weiter unten an. ‚Das erste, was gestrichen wird, ist der Sportunterricht. In manchen Ländern hast du jeden Tag Sport. Bei uns ist der Sportunterricht das erste, was raus ist‘, klagte sie.“
Ich glaube, über die Bundesjugendspiele wurde in der Sendung auch gesprochen.
Gestern, 12. 9. 2024, äußerte sich dann Ingo Froböse, Dt. Sporthochschule Köln, in den Tagesthemen: „Kinder wollen sich messen, müssen sich messen“.
Ich persönlich fand es auch doof, dass Kids, die im Verein trainierten, bei den Bundesjugendspielen gegen die antraten, die noch nie eine Hochsprunganlage von Nahem gesehen hatten. Aber die Konsequenz muss doch sein, dass alle vor den BJ-Spielen die Chance auf Hochsprung haben und nicht, dass es einfach nur heißt: „So ist es ungerecht, dann lassen wir das“.
Das verstehe ich nicht unter „Allen eine Chance geben“. So werden Chancen dich erst gar nicht gegeben!
Dass den Kids Resilienz fehlt, merken wir doch immer wieder. Daran kann nicht nur Corona Schuld sein.
Ein amerikanischer Junge soll mal seine „Siegermedallie“ abgelehnt haben mit den Worten: „It’s not worth anything“ (Die ist nichts wert.) Es hatten nämlich alle eine bekommen, damit ja niemand traurig würde …
Hier noch ein Artikel zum Thema Leistung:
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article253128302/Bildung-Die-Leistungen-werden-immer-schlechter-die-Noten-immer-besser.html
“ […] Tatsache ist aber auch, dass die Leistungen immer schlechter und die Noten immer besser werden. Ein Paradox, das sich nur darauf zurückführen lässt, dass die Leistungsansprüche gesunken sind. Dies ist das Ergebnis eines langen gesellschaftlichen Prozesses, an dem Politik und Wirtschaft gleichermaßen beteiligt waren. […]
Friedhelm Horn hat 43 Jahre im niedersächsischen Schuldienst gearbeitet. Er war 2002 Direktkandidat der Grünen für den Bundestag, unterlag aber dem späteren DFB-Präsidenten Reinhard Grindel (CDU).“
Wie unterrichtet man den kultursensibel? Ich frage, weil ich auch dank meiner Fächer kulturfrei, aber leistungsorientiert unterrichten kann.
Was unterrichten Sie, wo Ihr Unterricht Kultur und Leistung nicht gleichermaßen berücksichtigen kann?
MINT
„Schüler:innen, die über multikulturelle Themen im Unterricht lernen, fühlen sich mehr zugehörig zur Schule und generell auch wohler. Die von Grundschulkindern wahrgenommene gleiche Behandlung durch Mitschüler:innen ist positiv mit ihren mathematischen Fähigkeiten assoziiert.“
Andererseits könnten Sie mit arabischen Zahlen arbeiten 😛
Aber ernsthaft, es ist durchaus eine Herausforderung, da müssen Schulbücher noch einiges leisten!
Vielleicht – vorerst – ein Fall für die Fachschaft als Markt der Ideen?
Die Schulbücher leisten das durch Bilder und Namen in Textaufgaben. Der Mehrwert davon erschließt sich mir nicht, aber sei es drum. Aufgaben, wie sie in der Türkei, Russland, den USA, Japan usw. gestellt werden, kann ich meinen Klassen nicht zumuten, weil die denen oft zu schwer sind.
Bilder von Kindern unterschiedlicher Hautfarben, im Rollstuhl, groß, klein, dick, dünn, … machen tatsächlich eine Menge aus: „Ich komme vor, ich werde gesehen und mitgedacht. Ich habe teil, d.h. bin Teil der Gruppe“.
Kleines Beispiel: Vegane Gummitiere als Preise (die sind dann auch hakal/koscher, damit wirklich alle davon naschen können. Ich weiß es ja nicht – und muss es auch nicht wissen!
1989 sah ich als junge Fremdsprachenassistentin im US-Fernsehen den liebenswerten Bären Winnie the Poo“. Dort kommen auch Piglet (Ferkel) und Eeyore (der Esel I-ah) vor.
Sagt der tolpatschige und daher schüchterne Esel zum Ferkel: „Piglet, thanks for noticing me“ (Danke, dass du mich bemerkst.) Ich habe den Satz erst verstanden, als ich viele Jahre später in Berlin-Moabit Jugendliche, v. a. aus dem Wedding, auf dem Weg zum Mittleren Schulabschluss begleitet habe!
Die Stärke Ihrer Klasse hat ja zunächst nichts damit zu tun.
Oder sollen wir jetzt nur noch türkische Schulbücher verwenden? 😉
MINT IST Kultur! Bloß ohne Geschwätz.
Es ist leider nicht selbstverständlich. Vielerorts findet immer noch Ausgrenzung statt, oft sehr subtil. Die Köpfe sind weiterhin voller Klischees. Wo es Probleme gibt, sind diese meiner Erfahrung nach aber meist eher soziologischer als kultureller Art.
Meine Devise, die sich in über 25 Jahren an mehreren Schulen in Berliner Innenstadtbezirken immer bewährt hat, lautet: „Das Wir konstituiert immer der Klassenraum bzw. die Schulgemeinschaft“. Das meine ich mit „Hier bei uns“.
Nicht: „Ihr seid/habt/macht ja …“. Weiß ich das denn, wie es im Einzelfall zu Hause ist? Sollte ich das beurteilen? Gerade, was die Herkunftskultur angeht, kann ich es nicht, s. o.
Schluss mit Kopfkino.
Was nicht heißt, dass ich mich nicht für Privates interessiere, aber nur wenn die Kids es mir erzählen wollen. Und dann geht es um diese eine Familie und ich verallgemeinere es nicht.
Hilft extrem, die Kids merken ja, ob sie so oder so gesehen werden („Herkunft? – Berlin- Wedding, Müllerstraße“).
Danke! Genau das meine ich auch und habe das auch immer so gehandhabt!
Respekt!
Aber wie fiehle Kolleg*innen wohnen inzwischen woanders und können kein Wir-Gefühl vermitteln?
@RainerZufall
Ich kann Ihren Gedankengängen in Bezug auf den Kommentar von Philologin v. D. wieder einmal nicht folgen. Bitte erklären!
„Klassenraum bzw. die Schulgemeinschaft“
Wenn meine Kids sich wegen sowas beäumeln, vertrete ich: „Wir sind alle Pforzheimer!“
Was sagen meine Kolleg*innen, die aus (dem schönen) Karlsruhe täglich anfahren?
Ich halte Gemeinschaft für einen wichtigen Ansatz, aber wie viele Lehrkräfte wollen sich noch mit dieser Gesellschaft gemein machen?
Also müssen jetzt alle Lehrer in Schulnähe wohnen, um das „Wir-Gefühl“ vermitteln zu können?
Nö, hier fehlt einfach ein möglicher Ankerpunkt, die Kinder abzuholen.
@RainerZufall
Der da wäre?
Wie oben beschrieben. Meine Schüler*innen und ich leben alle in der gleichen Stadt.
Alle haben eine andere Herkunft/ Religion/ Kultur, aber am Ende sind wir alle Pforzheimer. DARUM sitzen wir alle in diesem einen Raum, erkunden unsere Stadt und unser gemeinsames Umfeld.
Ist halt (nur) ein Hebel, um Wir-Gefühl zu schaffen. Aber ich begegne Schüler*innen regelmäßig und gehöre (irgendwie) zu deren Lebenswelt dazu, nicht losgelöst und isoliert im Schutzraum Schule.
WAS NICHT HEIẞEN SOLL, dass alle in der gleichen Stadt leben müssen, doch eine Wirkung hat es meiner Meinung nach schon
@rainerZufall
Lieber Rainer,
ich finde es immer wieder faszinierend, wieviel Einblick Sie in die allumfassende Realität von Schulen und Lehrern haben. Können Sie bitte ein paar Beispiele aus Ihrer persönlichen Arbeit mit Ihren Förderschülern darstellen. Wie vermitteln Sie ein „Wir-Gefühl“ bei Ihren Förderschülern, die Sie ja inklusiv betreuen. Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie wohl noch nie Klassenlehrer. Wie macht man das „inklusiv“? Oder meinen Sie die Arbeit der einzelnen Klassenlehrer, in deren Unterricht Sie mit Ihren Förderschülern sitzen?
Über eine Antwort würde ich mich freuen, aber meine Erfahrungen …
Mit freundlichen Grüßen
potschemutschka
@RainerZufall
Zusatzfrage: Wie groß sind die Schülergruppen mit denen Sie persönlich dieses „Wir-Gefühl“ erarbeiten („Wir sind Pforzheimer“)?
Meine Klasse umfasst derzeit zwölf Kinder. Bei den meisten gibt es soweit keinen Bedarf – eine damals unerwartete Überraschung 😀
@Rainer Zufall
Was meinen Sie mit – es gibt soweit keinen Bedarf?
Derzeit (!) sehr gute Klassengemeinschaft, (meist) keine Situationen mit „du glaubst falsch“, Ausländerdebatten o.ä.
Bin der vorigen Klassenlehrerin sehr dankbar 🙂
Derzeit 12 Kinder, okay und die Jahre davor?
Auch ungefähr, hatte da aber – trotz/ wegen der wenigen Schüler*innen – Grüppchenbildung und entsprechende Konflikte.
Ich glaube, dies hat jetzt nicht mehr viel mit einem Beispiel für einen möglichen Hebel bzw. mit dem Thema zu tun =/
Ein Missverständnis. Dank unserer weitsichtigen Bildungspolitik habe ich nächstes Jahr eine siebte Klasse mit viel zu wenig Stunden an einem SBBZ und bin mit einer Hand voll (viel zu wenigen) Stunden in der Inklusion.
Letztere habe ich noch nicht kennen gelernt, aber gerade hier wird erstmal der Fokus auf Augenhöhe in der Klassengemeinschaft liegen, als auf von Zuhause mitgebrachten Vorurteilen.
Mal schaun, was das wird. Von voll integriert bis seelischer Krankheit ist da alles drin =/
@rainerZufall
Danke, dass Sie sich bemüht haben, mir zu antworten. Allerdings hat Ihre „Antwort“ keinen Bezug zu meinem Kommentar, ich bat Sie um folgendes:
Können Sie bitte ein paar Beispiele aus Ihrer persönlichen Arbeit mit Ihren Förderschülern darstellen. Wie vermitteln Sie ein „Wir-Gefühl“ bei Ihren Förderschülern, die Sie ja inklusiv betreuen“.
Ich hoffe sehr, dass Sie mit Ihren Förderschülern verständlicher kommunizieren, denn Ihre „Antwort“ macht für mich keinen Sinn, nicht nur in Bezug auf meinen Kommentar, ich verstehe auch ansonsten nicht, was Sie mir eigentlich mitteilen wollen. Sie sprechen wieder einmal in Rätseln. Tut mir wirklich leid. Ich habe Ihren Kommentar mehrmals gelesen, aber der Inhalt erschließt sich mir nicht.
Ist ne Weile her, aber ich bekam eine Klasse bunt zusammengewürfelt mit sich – negativ – bekannten Schüler*innen, Kommentare über die einzige Kopftuchträgerin der Klasse sowie einem Schwarzen Jungen, dessen Mutter aus Afrika migrierte und einen Roma.
Ich würde nie behaupten, dass ich in irgendeinerweise den Goldstatus erfüllen würde, aber wir konnten ein Gemeinschaftsgefühl einstellen und einen Respekt voreinander aufbauen, sodass Kopftuch, Herkunft und Hautfarbe nicht „fachlich“ abgearbeitet werden musste. Dem Mädchen ist das Tuch wichtig und wir nehmen darauf Rücksicht usw.
Gleichzeitig halte ich ein … sagen wir Verhältnis zur Gemeinde für wichtig: wer ist UNSER Bürgermeister/ Polizist/ Bäcker?
Wenn es gut läuft, können wir das kommende Schuljahr ein „Praktikum“ im Tierpark machen. Da kann sich die Klasse austoben, aber auch Wirksamkeit/ Nutzen für die Gemeinschaft erleben.
Als Teil der – sehr heterogenen – Gesellschaft haben Sie im Alltag hoffentlich auch mehr Respekt vor öffentlichem Eigentum und bestenfalls engagieren sie sich.
Mal schaun =/
Na, wenn ich von irgendwo her „einreite“, meine Stunden durchziehe und wieder „rausreite“, bin ich nicht sensibel, egal, wem gegenüber.
Als ich als Junglehrerin völlig übermüdet von Berlin nach Märkisch-Oderland gependelt bin, habe ich aber bald verstanden, dass die Kids davon ausgehen – Überraschung -, dass wir uns für ihre Lebenswelt interessieren und diese kennen. Also machte ich mich schlau, wenn es hieß, „die Freiwillige Feuerwehr von X-hagen“ oder „der Laden in der Y-Straße“.
In Kreuzberg (Referendariat) waren die Kids davon ausgegangen, dass „die Lehrer türkische Musik sowieso nicht kennen“. Da ich selbst in Kreuzberg wohne, konnte ich aber auch mal fragen, „Ist das Tarkan?“ – Großer Jubel!
In beiden Fällen habe ich mich bemüht, einen Rapport zur „Klientel“ herzustellen. Tut nicht weh, es bricht kein Zacken aus der Krone und – Überraschung 2 – es zahlt sich aus, wenn wir einen Draht zu den Kids herstellen. Umso weniger müssen wir später nachsteuern bzw. vllt. sogar disziplinieren.
Meine begnadete Fachseminarleiterin B. Ohmsieder sagte uns in der ersten Sitzung: „Lehren ist ein Handwerk. Klar, ohne Interesse an Menschen geht es nicht. Aber das Handwerkszeug, das bringe ich Ihnen hier bei.“
Waren die glorreichen 90er …
„Na, wenn ich von irgendwo her „einreite“, meine Stunden durchziehe und wieder „rausreite“, bin ich nicht sensibel, egal, wem gegenüber.“
Ich mag Ihnen nicht glauben, Sie machen sich dafür zu viele Gedanken 🙂
„Wir sind alle Badenser“, könnten die sagen.
Und wer den Gemeinschaftsansatz nicht vertritt, sollte evtl. mal über die Berufswahl nachdenken …
Meine Schüler würden zunächst fragen, was Badener sind ^^
Aber wie betont, beschrieb ich ja nur einen möglichen Hebel, um wir-Gefühl zu schaffen.
Gelbfüßler
Sie haben meine Ratloßigkeit UND Neugier 😀
Was sind Gelbfüßler? (UND WARUM??)
„Wir-Gefühl“ bedeutet Gemeinschaft, Gemeinsamkeiten. So, wie Sie schreiben finde ich das auch als richtig und sehr wichtig und so habe ich das auch immer versucht, den Schülern zu vermitteln. Seit ein paar Jahren habe ich aber das „Gefühl“, dass immer mehr Wert auf jeden möglichen individuellen Unterschied gelegt wird, diese Unterschiede immer mehr in den Vordergrund gerückt werden und mittlerweile jeder zumindest eine kleine Besonderheit aufweisen muss, um sich von anderen „abzugrenzen“. Wer „normal“ ist, fällt nicht auf. Es sei denn, er selbst wird Verfechter für alle möglichen Randgruppen. Dort kennt er sich zwar auch nicht aus, aber es klingt so „menschlich“ und man fühlt sich gut. Es lebe der Individualismus unter dem Deckmantel der Menschlichkeit! MMn. geht aber dadurch das Gemeinschaftsgefühl (wir sind eine Gruppe von Menschen) mehr und mehr verloren. Könnte das auch ein Grund dafür sein, dass immer mehr Menschen, nicht nur Alte sondern zunehmend auch Junge, über Einsamkeit klagen?
Um Missverständnisse zu vermeiden:
Ich bin gegen „Gleichmacherei“. Ich halte es mit dem ollen Fritz: „Jeder nach seiner Fasson…“. Das war schon ein Lieblingsspruch von meinem Großvater. Aber nach meiner Wahrnehmung läuft im Moment etwas falsch. Die Gewichtung von „Gemeinsamkeiten“ und „Unterschieden“ ist nicht im Gleichgewicht, zu Ungunsten der Gemeinsamkeiten.Diese sollten wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Dann klappt es vielleicht auch mit der Demokratie wieder besser.
Ich stimme Ihnen wieder zu!
„Alle sind gleich“ – wie soll das funktionieren, wenn wir doch – und das ist auch gut so – verschieden sind?
Mir sagt eher zu: Wir sind alle gleich viel wert. Wir akzeptieren unsere Unterschiede und freuen uns über gelebte Vielfalt.
Doch darüber dürfen wir das Gemeinsame nicht vergessen! Weder im Kleinen (unsere Klassengemeinschaft) noch im Großen (Wir in D / Europa / wir als Menschheit).
Wenn wir unterrichten, sollten wir also immer auch darauf abheben, was uns verbindet („Wir in der Klasse 7a / Wir als Schule XY / Wir Badenser & friends“, dazu müssen wir nicht in Schulnähe wohnen, aber ein paar Punkte – darf ich sagen, Werte – haben wir ja bestimmt gemeinsam und damit identifizieren wir uns alle.
„School spirit“ heißt das in den USA, mit „pep rallies“ und dem vollen Programm. Fand ich mit 21 doof, heute verstehe ich den Gedanken dahinter.
Danke!
Nach potschemutschka hat es sich ja über Individualisierung verschlechtert. Der von Ihnen praktizierte Ansatz funktionierte also nicht (ausreichend).
Gleichzeitig werde ich kritisiert, wenn ich auf die MÖGLICHKEIT hinweise, dass ein Bezug zur Heimatstadt ein anderer – lokaler – Hebel sein kann, anstatt auf das große zu verweisen. Wie viele Ihrer ehemaligen Schüler*innen würden sich spontan als Europäer ausgeben?
Die Klassengemeinschaft/ peer-group macht auch mal Blödsinn. Wenn die eine Bank kaputt machen oder sonst irgendwie ihre Selbstwirksamkeit suchen, KANN das Gemeinschaftsgefühl helfen, nicht der eigenen Gemeinde (und sich) zu schaden. Baden und Europa sind dafür zu groß und zu wenig im Alltag sichtbar. So meine Meinung
Demokratie ohne Gemeinwohl, ohne Kompromisse machen zu können und zu wollen, ist doch gar nicht zu denken? Das große Ganze sehen, ich bin Teil der Gruppe und auch das ist gut so.
Sonst drohen Vereinzelung, Vereinsamung, Einzelkämpfertum, Egozentrismus, mangelnde Empathie und und und …
Wer am lautesten schreit, bekommt dann. Aber das ist ja alles andere als fair.
Wir dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen, gerade nicht in diesen Zeiten.
Eben!
Gibt’s dazu Studien?
Und v. a. Maßnahmen? (Ich bin Praktikerin.) Ich frag ja nur … die Frage geht an alle.
Studien – wozu jetzt genau? Was ich schrieb, waren meine persönlichen Eindrücke. Ich verstehe Ihre Frage nicht, sorry.
Ich weiß schon. Viele von uns sind hier in den Kommentaren – ausgehend u. a. von der Frage, was „kultursensibel“ egtl. bedeutet – zu den Themen „Kinder wollen sich aber messen“, „Ohne Anstrengung lernst du nichts“ (Ohne Fleiß kein Preis – lange nicht gehört), „Diversität ja, Gleichmacherei nein“ gekommen.
Alles Eindrücke, die wir in unserer Tätigkeit haben;Themen, die uns, die wir vor den Klassen stehen, auf den Nägeln brennen. Was wir in der Praxis beobachten, hätte ich so gerne mal wissenschaftlich untersucht!
An grünen Tischen und so werden aber andere, ich sag mal, Schwerpunkte gesetzt, von der Theorie / der Politik hören wir oft anderes.
Ich würde mir eine bessere Verzahnung zwischen Theorie und Praxis wünschen. Das wollte ich mit meinem Post zum Ausdruck bringen.
Danke! Jetzt weiß ich, was Sie meinten und Ich stimme Ihnen zu!
Es gibt Studien zur Kommunalpolitik, die große Zusammenhänge mit der allgemeinen Einstellung zur Politik/ Demokratie aufzeigen. Meinen sie sowas?
Nein, mir geht es nur um meine kleine Welt, um die Schräubchen, an denen ich als Lehrkraft drehen kann. Wie nehme ich wirklich alle, die mir anvertraut sind, mit? Wie bringe ich alle weiter?
Welche Maßnahmen bringen in der Schulpraxis wirklich etwas (sind erprobt) und welche sind am grünen Tisch entstanden, reine Theorie oder vllt. sogar Ideologie, nicht umsetzbar (Träumerei, Augenwischerei, Potemkinsche Dörfer, Schildbürgerstreiche, .. )?
Was ist wirklich für die Kids gedacht, was greift bei ihnen und was soll nur zur eigenen Profilierung dienen?
Natürlich leisten wir dann auch einen großen Beitrag zur Demokratieerziehung. Die funktioniert nämlich auch nur, wenn alle sich verstanden und als Teil des Ganzen sehen, Kompromissfähigkeit entwickeln sowie Resilienz („ohne Mimimi“), wenn alle erkennen, dass ihr Lebensmittelpunkt hier und jetzt ist und dass von ihnen ein Beitrag erwartet wird („keim Rumdümpeln“), dass auch sie Selbstwirksamkeit haben.
Das hätte ich gerne mal ergebnissoffen untersucht. Ich mach mir wirklich viele Gedanken, das sind ja alle unsere Kinder und dementsprechend unsere Zukunft.
Das ist die faulste Ausrede für Rassismus, Frauen- und Demokratiefeindlichkeit, die ich bisher gelesen habe.
Warum bereiten Ihnen diese „störenden?“ Individuen mehr Sorgen, als AfD, Hamas-Anhänger-, Reichsbürger- und Querdenker*innen?
(Oder sind die alle die von Ihnen beschriebenen Individuen nach ihrem Dienst an der Schule?)
@RainerZufall
Was, zum Geier, meinen Sie?
„Die Gewichtung von „Gemeinsamkeiten“ und „Unterschieden“ ist nicht im Gleichgewicht, zu Ungunsten der Gemeinsamkeiten.Diese sollten wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Dann klappt es vielleicht auch mit der Demokratie wieder besser.“
Es läuft mit der Demokratie besser, wenn es weniger heterogen ist, habe ich Sie da richtig verstanden? Was als Nächstes? Eine „gemeinsame Mitte“ mit der weitgehend rechtsradikalen AfD finden?
Aber Moment, wie kam ich nur darauf, Sie würden die Rechte meinen, wir sollten ja auch den Mittelpunkt mit Linksradikalen suchen 😛
Ich habe potschemutschka so ähnlich verstanden, wie ich Sie verstanden habe:
Respekt vor dem Individuum.
Kein „Othering“ (‚Ihr seid ja xxx und das ist doof, wir hingegen sind yyy und das ist toll.“
Wir sind eine (Klassen/Schul)gemeinschaft, eine Gemeinde, eine Gesellschaft. Wir alle gehören dazu. Teilhabe für alle. Regeln und Rechte sind für alle da.
Also Gemeinsamkeiten herausarbeiten, ggf. das Bewusstsein dafür wecken bzw. verstärken.
„Alles, was nicht den Ablauf stört, keine Schulregeln verletzt und sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt, ist auf dem Schulfest erlaubt“, hab ich meiner Klasse neulich gesagt und dann hatten die gemeinsam Spaß (sie hatten gefragt, ob sie sich dafür verkleiden dürfen).
Für respektloses Verhalten egal welcher Couleur ist natürlich kein Platz und gibt es keine Rechtfertigung, aber wer hier will das denn?
@Pädagogin vom Dienst
Danke! Aber bei Rainer ist das wohl vergebene Liebesmüh. Wenn er etwas nicht oder falsch verstehen will oder gar nicht versteht – egal. Seine „Meinung“ steht fest. Wie auch immer die ernsthaft aussieht, denn klar verständlich drückt er sich meist nicht aus. Oft kommen nur irgendwelche aneinandergereihte Allgemeinplätze. Konkrete Nachfragen beantwortet er meist nur sehr „nebulös“.
@Redaktion: Tippfehler „hakal“ bitte zu „halal“ ändern, danke!
Bilder von Kindern unterschiedlicher Hautfarben, im Rollstuhl, groß, klein, dick, dünn, … machen tatsächlich eine Menge aus: „Ich komme vor, ich werde gesehen und mitgedacht. Ich habe teil, d.h. bin Teil der Gruppe“.
Kleines Beispiel: Vegane Gummitiere als Preise (die sind dann auch hakal/koscher, damit wirklich alle davon naschen können. Ich weiß es ja nicht – und muss es auch nicht wissen!
1989 sah ich als junge Fremdsprachenassistentin im US-Fernsehen den liebenswerten Bären Winnie the Poo“. Dort kommen auch Piglet (Ferkel) und Eeyore (der Esel I-ah) vor.
Sagt der tolpatschige und daher schüchterne Esel zum Ferkel: „Piglet, thanks for noticing me“ (Danke, dass du mich bemerkst.) Ich habe den Satz erst verstanden, als ich viele Jahre später in Berlin-Moabit Jugendliche, v. a. aus dem Wedding, auf dem Weg zum Mittleren Schulabschluss begleitet habe!
Wo wird denn bitte nicht kultursensibel unterrichtet? Das klingt ja so, als wär das jetzt das Non-Plus-Ultra und dann hören auf einmal alle Probleme auf, die es gibt.
Nein, damit hören gewisse Probleme natürlich nicht auf.
Jedoch, nachdem die Basis für gegenseitigen Respekt gelegt wurde, wenn die Kids sich wie gesagt gesehen fühlen, kann mit Lernen begonnen werden.
Und ja, leider ist die eine oder andere Lehrkraft tatsächlich nicht kultursensibel (sagen auch meine bescheidenen Beobachtungen während meiner über 25-jährigen Tätigkeit).
Das stimmt. Bei der ein oder anderen Lehrkraft bin ich mir aber auch sehr unsicher, wie das überhaupt alles passieren konnte mit der Berufswahl.
Die Kollegen, die ich schätze und das sind locker mindestens 5/6 der Kollegen unterrichten sicherlich kultursensibel und das einfach so, nicht weil dadurch die Kinder besser lernen, sondern weil sie einfach empathische nette Menschen sind.
Viele Lehrkräfte sind weiterhin null vorbereitet auf ihre, sich ändernde, Klientel. Da hilft auch ein Vortrag am Pädagogischen Tag nur wenig.
Ach so, über den kulturunsensiblen Umgang mit Lehrkräften, die (auch) Wurzeln in einem anderen Land haben, hab ich jetzt noch gar nicht geschrieben („Sie sind dann ja heute Abend für die Türkei, höhö.“ – „Also, ich bin ja Deutscher. Warum fragen Sie?“ (Der Kollege hatte aramäische Wurzeln und bat immer darum, dass sein Name nicht türkisch, sondern deutsch ausgesprochen wird.)
Nein nein nein. Lehrer sind die am besten ausgebildeten Akademiker in unserem Land.
Sag ich doch, wie man an dem Beispiel sieht, Fettnäpfchen lauern überall. Der Kollege wollte vielleicht kultursensibel sein, mit der Vermutung, dass der andere für die Türkei ist. Wann soll man sich für den kulturellen Hintergrund des anderen interessieren, wann aber nicht, weil es als übergriffig wahrgenommen wird? Wo laufen da die Grenzen und wer zieht die? Eigentlich kann man es mittlerweile nur falsch machen. Mein afghanischer Schützling wunderte sich schon, warum ich und andere ihn so wenig über seine Heimat fragen. Aber er erzählt auch gern freiwillig. Allerdings, je mehr ich über das Land und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen durch ihn und durch google erfahre, desto weniger traue ich mich ihn zu fragen (Fettnäpfchen). Ich höre meist nur zu und stelle möglichst unverfängliche Fragen. Das empfindet er aber wahrscheinlich als mangelndes Interesse. Wer kann dieses Dilemma für mich lösen? Ich bin für gute Tipps dankbar.
Ich denke, Sie machen das ganz wunderbar! Ich versuche es auch so zu handhaben. Einfach zuhören, die Kids erzählen lassen. Nachfragen, aber nicht ausfragen.
Nichts voraussetzen (im Sinne von „ich weiß schon, wie ihr seid, wie ihr tickt“).
Wenn die Person in Deutschland geboren ist oder schon längere Zeit in Deutschland lebt, dann ist sie evtl. keine Expertin für das Land, die Kultur, die Religion, die Geografie, die Geschichte etc. und es würde sie vllt. beschämen, dass sie sich nicht so gut auskennt (ich selbst damals konnte im Schüleraustausch längst nicht alle Fragen zu D beantworten und z. B. in Bayern kannte ich mich gar nicht aus).
Ich würde immer nur nach der Familie fragen: „Wie macht ihr das zu Hause, erzählt doch mal wie ihr feiert, was ihr esst“ und so weiter. Davon ausgehen, dass es wirklich etwas Individuelles ist (das Herkunftsland, der Kiez, in dem sie leben, Deutschland, … haben sie geprägt): Alles ist vielfältig und sie haben ja von allem etwas ab- und mitbekommen.
Ich habe auch einmal eine sehr interessante Aussage gehört, von Gabriele Gün Tank (damals Integrationsbeauftragte in Berlin Schöneberg-Tempelhof), die sagte ungefähr: „Bitte reduzieren Sie mich nicht auf die Herkunft meiner Mutter und bitte sagen Sie auch nicht, dass ich zwischen zwei Stühlen sitze. Ich sitze auf einem wunderbar großen bequemem Sofa, da passt die deutsche Kultur drauf, da passt die türkische Kultur drauf, da ist auch die französische Kultur drauf – ich habe ein Austauschjahr gemacht – und und und. Ich hänge nicht irgendwo dazwischen. Das alles bin ich.“
Aber wie bereitet sich eine Lehrkraft auf sämtliche kulturellen Unterschiede vor/weiter?
Also ich z. B. beherrsche die russische Sprache recht gut, kenne mich auch ganz gut mit der Geschichte der Sowjetunion aus, habe russisch-sprechende Freunde aus verschiedenen ehemaligen Sowjetrepubliken und verschiedener Ethnien (Russen, Ukrainer, Litauer, Usbeken, Atheisten, Juden, Orthodoxe, Deutsch-Russen, …) hier in der russisch-sprechenden Community. Trotzdem fühle ich mich nicht vorbereitet auf alle kulturellen Besonderheiten. In der Community herrscht ein empathische, offene, respektvolle Athmosphäre, aber gewisse Themen (Ukraine-Krieg, Religion z. B. ) werden ausgespart. Ist das jetzt kultursensibel oder -unsensibel? Muss ich mich jetzt mit allen diesen verschiedenen Kulturen und Religionen intensiv beschäftigen, plus Geschichte der jeweiligen Länder, um kultursensibel zu sein?
Nein, müssen Sie nicht, denke ich, das ist ja auch gar nicht zu leisten.
Ich denke, Sie machen das ganz wunderbar! Ich versuche es auch so zu handhaben. Einfach zuhören, die Kids erzählen lassen. Nachfragen, aber nicht ausfragen.
Nichts voraussetzen (im Sinne von „ich weiß schon, wie ihr seid, wie ihr tickt“).
Wenn die Person in Deutschland geboren ist oder schon längere Zeit in Deutschland lebt, dann ist sie evtl. keine Expertin für das Land, die Kultur, die Religion, die Geografie, die Geschichte etc. und es würde sie vllt. beschämen, dass sie sich nicht so gut auskennt (ich selbst damals konnte im Schüleraustausch längst nicht alle Fragen zu D beantworten und z. B. in Bayern kannte ich mich gar nicht aus).
Ich würde immer nur nach der Familie fragen: „Wie macht ihr das zu Hause, erzählt doch mal wie ihr feiert, was ihr esst“ und so weiter. Davon ausgehen, dass es wirklich etwas Individuelles ist (das Herkunftsland, der Kiez, in dem sie leben, Deutschland, … haben sie geprägt): Alles ist vielfältig und sie haben ja von allem etwas ab- und mitbekommen.
Ich habe auch einmal eine sehr interessante Aussage gehört, von Gabriele Gün Tank (damals Integrationsbeauftragte in Berlin Schöneberg-Tempelhof), die sagte ungefähr: „Bitte reduzieren Sie mich nicht auf die Herkunft meiner Mutter und bitte sagen Sie auch nicht, dass ich zwischen zwei Stühlen sitze. Ich sitze auf einem wunderbar großen bequemem Sofa, da passt die deutsche Kultur drauf, da passt die türkische Kultur drauf, da ist auch die französische Kultur drauf – ich habe ein Austauschjahr gemacht – und und und. Ich hänge nicht irgendwo dazwischen. Das alles bin ich.“
Kultursensibel vorgehen heißt z. B.:
Am Termin des Ramadanfestes etc. keine Kontrollen durchführen.
Sich dafür interessieren, das Krio in Sierra Leone gesprochen wird, wo Sierra Leone genau liegt und wie sich Krio (eine Kreolsprache) zum Englischen verhält.
Nicht „mal gucken kommen“, wenn im Nachbarraum eine Deutschlernklasse eingezogen ist, um dann zu fragen, „ob die wirklich über den Balkan gelaufen sind“.
Keine Sprüche wie „Sie heißen Mohammed und machen eine Ausbildung bei der Deutschen Bank, das ist ja witzig“ machen.
Aussagen vermeiden wie „Ich dachte, alle Serben hätten helle Haare, ach so, dann seid ihr wohl Roma“.
Und bitte bitte nie mehr fragen, „Aber wo kommst du wirklich her?“ (Hierzu ein geniales Video: https://youtu.be/DWynJkN5HbQ?feature=shared, die Kommentare sind auch lesenswert).
Es geht auch darum, darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Schüler verschiedene Lebensumstände haben und aus verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen.
Statt dem Aufsatzthema „Mein schönstes Ferienerlebnis“ vielleicht lieber „Mein Lieblingstier“ als Thema vorgeben. Ein Schüler fühlt sich vielleicht unwohl, weil ein Mitschüler über seine Reise nach New York geschrieben hat und seine Eltern nicht das Geld für eine Reise oder auch Tagesausflüge haben.
Meine erste Aufgabe im Geschichtsunterricht war es, meinen Stammbaum zu erstellen. Das war vielleicht vom Lehrer auch nicht die beste Idee gewesen. Ein Schüler kennt vielleicht noch nicht einmal den Namen seines Vaters, während ein anderes Kind aus der Klasse aus einer Adelsfamilie stammt und seinen Stammbaum bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen kann.
Genau! Alternativen zu solchen „Mittelschichtsaufgaben“ zu finden, ist unsere Aufgabe (und die der Verlage etc.).
Dann unterrichten wir kultursensibel, denn „Kultur“ ist mehr als nur ethnische Herkunft.
Wer „Kultur“ mit „aus einem anderen Land“ verwechselt, hört von den „biodeutschen“ Kids sonst „Ich hab keine Kultur“ (sic!).
Oder, soll leider kein Einzelfall sein:
Aufsatzthema: Sommerurlaub.
„Wie, ihr wart nicht in Urlaub? In die Heimat könnt ihr auch nicht mehr reisen, echt jetzt? Na, dann schreibt ihr halt über eure Flucht.“
Und sich dann wundern, wenn eine Person sich verweigert und in der nächsten Woche nicht mehr kommt.
Die Namen der Kids aussprechen können, so wie sie selbst genannt/betont werden möchten. Heißt Kathleen „Katt – lehn“ oder „Kath – liehn“ (deutsch bzw. englisch ausgesprochen)? Ein René spricht sicht evtl. nicht „Renne“ aus und eine Tuğba Çakma wohl nicht „Tuckbah Kackma“.
Und nein, ich denk mir das nicht aus.
Ich glaube, potschemutschka hat neulich auch etwas zum Thema Schulreife gepostet. Dazu hier noch ein sehr interessanter Link:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-08/vorklassen-schule-bildung-lehrer-einschulung-grundschule/seite-2
Danke für diesen link. Das dort beschriebene spiegelt meine Erfahrungen der letzten 12 Dienstjahre wieder. Nur dass ich solche Kinder immer erst nach der Einschulung bekam. In ESE-Kleingruppen. Die erste derartige Gruppe (6 nicht gruppenfähige Erstklässler) übernahm ich 2009 (lange vor Corona) ganztägig in enger Zusammenarbeit mit einer Horterzieherin. Das war exclusiv(?), aber in einer Förderschule Lernen angegliedert. Nach dem ersten Jahr gingen 3 der 6 zurück an ihre GS, 3 verblieben an der Förderschule. Später an der Regel-GS hatte ich durchgehend immer 2 ESE-Kleingruppen mit 6 Kindern (1/2. und 3/4. Klasse), jede Gruppe je 2h täglich. (Manche dieser Kinder waren also 4 Jahre in der Kleingruppe und manche hätten noch mehr Zeit gebraucht- Berlin 6 Jahre GS – dafür hatte Die die Schule aber keine Kapazitäten, für eine Gruppe 5/6)
Vorschule hätte Probleme vielleicht früher erkannt und man hätte früher gegensteuern können. Allerdings hat das jetzt nicht viel mit dem Ausgangsthema „Kultursensibilität“ zu tun, die Mehrheit dieser Kinder hatte keinen Migrationshintergrund.
Sehr gerne!
Es ist interessant, dass die Diskussionen auf n4t immer wieder in Richtung „Wie fördern wir wirklich, welche Maßnahmen helfen den Kids und bringen sie weiter, was sagen die Menschen vor Ort, was brauchen die Schulen wirklich?“ gehen.
An meiner alten Schule hatten wir in vielen Klassen übrigens mehrheitlich muslimische Schüler. Wenn sich dann zwei oder drei danebenommen haben, hieß es immer: „Die Muslime, deren Kultur, …“. An meiner neuen Schule haben wir sehr gemischte Klassen, auch Muslime, aber nicht mehrheitlich, und wenn sich jetzt an zwei oder drei Kinder nicht gut benehmen, wird das auf psychosoziale Faktoren zurückgeführt.
Das ist auch sehr interessant.