Bürgerentscheid erzwingt Erhalt von Real- und Hauptschulen, denen die Schüler ausgehen

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SIEGEN. Haupt- und Realschulen bleiben erhalten. Dies hat ein Bürgerentscheid im nordrhein-westfälischen Siegen ergeben und damit einen anderslautenden Beschluss des Stadtrats gekippt. Die Landeselternschaft der Gymnasien sieht in dem Ergebnis ein landesweites Signal, die tradierte dreigliedrige Schulstruktur nicht anzutasten. Das Problem dabei: Die Haupt- und Realschulen sind vor Ort kaum mehr nachgefragt. Daran ändert auch das Bürgerbegehren nichts.

Die Bürger haben abgestimmt – und jetzt? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Bürgerinnen und Bürger haben entschieden, so berichtet die „Westfalen Post“: Der Ratsbeschluss von 2022, eine vierte Gesamtschule in Siegen zu errichten und dafür Haupt- und Realschulen aufzugeben, ist aufgehoben. Eine Mehrheit von knapp 80 Prozent sei dem Bürgerbegehren gefolgt, dagegen stimmten knapp über 20 Prozent. Die Beteiligung an dem Votum lag allerdings bei gerade mal gut einem Drittel der Stimmberechtigten.

Trotzdem sieht die Landeselternschaft der Gymnasien NRW in dem Ergebnis ein deutliches Zeichen, an dem „auch andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen nicht vorbeikommen“. Der Elternverband – er ist die Mitgliederstärkste Elternvereinigung in Deutschland – erwartet von NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) nun „klare Worte an diejenigen Kommunen, die dennoch eine Zerschlagung des differenzierten Schulsystems durch Schließung der Haupt- und Realschulen planen.“

„Der Reduzierung der Schullandschaft auf Gymnasien und Gesamtschulen wurde damit eine klare Absage erteilt“

In einer Pressemitteilung des Verband heißt es: „Mit der Entscheidung der Bürger ist der Beschluss des Stadtrats, die Haupt- und Realschulen in Siegen zu schließen, gekippt. Die Kommune muss neu darüber nachdenken, wie die örtliche Schullandschaft aussehen soll. Der Wunsch der Wähler ist klar: die Kinder und Jugendlichen in der Stadt sollen in den Schulformen Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien bestmöglich auf das spätere Leben und die Anforderungen des Berufslebens vorbereitet werden. Der Reduzierung der Schullandschaft auf Gymnasien und Gesamtschulen wurde damit eine klare Absage erteilt.“

Die Landeselternschaft der Gymnasien hatte zuvor klar Position bezogen – und in einem Schreiben an die Siegener Gymnasialeltern dazu aufgefordert, sich an dem Bürgerentscheid zu beteiligen. „Das differenzierte Bildungssystem bietet mit seinen aufeinander abgestimmten und ausdifferenzierten Bildungsgängen eine optimale Förderung der Kinder in leistungshomogenen Gruppen“, meint Vorsitzender Oliver Ziehm und betont: „Das System lebt von seiner Durchlässigkeit. Die Kinder und Jugendlichen müssen die Möglichkeit haben, die Schulform und damit den Bildungsgang zu wechseln. Deshalb funktioniert das System nur, wenn alle Schulformen auch vor Ort in erreichbarer Nähe vorhanden sind.“

Das Problem ist allerdings: Die Haupt- und Realschulen werden durch den Bürgerentscheid nicht voller. Der Siegener Schuldezernent Andree Schmidt wies laut „Westfalenpost“ darauf hin, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids und das Schulwahlverhalten der Eltern nicht übereinstimmen. Eine „übergroße Mehrheit“ der Eltern entscheide sich für Gesamtschulen und Gymnasien. Der Plan, eine vierte Gesamtschule in der Stadt zu errichten, habe der Nachfrage Rechnung getragen „und war richtig.“

Folge des Bürgerentscheids werde es sein, dass auch in den nächsten Jahren Anmeldeverfahren an Haupt- und Realschulen ermöglicht werden. Wenn dann, wie in diesem Jahr, nicht die Mindestzahlen erreicht werden, „wird es dabei bleiben, dass Eltern ihre Kinder zwei oder drei Mal anmelden müssen.“ Schmidt: „Für Klarheit hat das nicht gesorgt.“ News4teachers

Debatte um Schulstruktur: Grüne wollen sechsjährige Grundschule für alle Kinder – wie sinnvoll wäre eine solche Reform?

 

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55 Kommentare
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Studienrat
1 Jahr zuvor

Danke an die Bürger aus Siegen!

Zitrone
1 Jahr zuvor
Antwortet  Studienrat

Die Gymnasialeltern haben entschieden, dass die anderen gefälligst ihre Kinder auf Haupt- und Realschulen anzumelden haben, damit die Gymnasien keine Konkurrenz durch Gesamtschulen bekommen. Werden die aber nicht tun.

So ist das, wenn unterkomplexe Bürgerentscheide (Brexit) auf die Realität treffen.

GEW-nee
1 Jahr zuvor
Antwortet  Zitrone

Absolut richtig!

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Zitrone

Die Ursache für diese Problematik ist meines Erachtens, dass es Gesamtschulen parallel zum dreigliedrigen Schulsystem gibt.

Eigentlich müsste es einen grundsätzlichen Volksentscheid darüber geben ob es ein dreigliedriges Schulsystem geben soll oder nur die Gesamtschule für alle.

Das wäre ein Volksentscheid, der die Thematik angemessen abgedeckt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Und wenn dieser Volksentscheid zugunsten des dreigliedrigen Systems ausgehen sollte, meinen Sie, dass die GEW und ihre Freunde sich dem beugen würden? Ich nehme an, die würden weiter baggern wie bisher. Fairness würde man nur von den anderen verlangen, weil man ja selbst die absolute Wahrheit vertritt.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich würde hoffen, dass es zugunsten des dreigliedrigen Schulsystems ausfallen würde. Wenn die Mehrheit dafür stimmt, hätte die GEW nicht mehr viel an Argumenten übrig.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Aber der Hamburger Volksentscheid von 2010 hat gezeigt, dass interessierte Kreise dann auf das Volk schimpfen, es hätten sich nicht die „richtigen“ Leute mit der „richtigen“ Abstimmung daran beteiligt. Selbst die ARD meldete damals „Egoismus macht Schule“. Andere Überschrift: „Kulturkampf um die Schule“. Die „Kämpfer“ werden erst dann aufgeben, wenn sie erschöpft sind, und die Hardliner werden das niemals tun (wie beim IS).
Auch eindeutige Umfragen im Volke werden in der Politik ignoriert, wenn sie irgendeiner Ideologie zuwiderlaufen. Parteien und andere Organisationen vertreten Eigeninteressen.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Da gebe ich Ihnen Recht. Vielleicht sollte man in D tatsächlich mehr Volksentscheide nach Schweizer Vorbild.
Dazu müsste allerdings auch gehören, direkte Demokratie sowohl in Medien als auch Schule positiv darzustellen.
Und es wird immer bestimmte Kreise geben, die auf andere schimpfen. Das sind aber Kreise, die keine wirkliche Demokratie möchten, sondern einfach nur ihr eigenes Programm durchbringen möchten.

GEW-nee
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Nein, müsste es nicht.
Eltern sind in der Lage zu entscheiden, ob Gesamtschulen oder eine der anderen.
Konkurrenz belebt das Geschäft, auch in der Schullandschaft. Wer bleiben will, muss sich anstrengen.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  GEW-nee

Ich selbst bevorzuge das dreigliedrige Schulsystem und bin gegen unnötige Experimente. Allerdings muss man ganz klar feststellen, dass die Gesamtschule als Konzept nicht wirklich funktionieren kann, wenn es die Gymnasien als Konkurrenz gibt. Und zwar nicht, weil die Gymnasien per se besser sind sondern deshalb, weil die starken Schüler dann auf der Gesamtschule fehlen und die Gesamtschule somit zu einer Art Real- und Hauptschule wird.
Mir wäre es wichtig, dass es eine endgültige Entscheidung gibt zwischen dreigliedrig oder Gesamtschulen. Aktuell gibt es ja immer mehr Schulformen und somit mehr Chaos.

Pälzer
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Das mit „Gymnasium schadet der Gesamtschule“ stimmt nur, wenn die Befürworter der Gesamtschule (was theoretisch alle SPD- und Grünwähler wären) ihre eigenen Kinder eben doch zum Gymnasium schicken.

Trinkflasche
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

„Allerdings muss man ganz klar feststellen, dass die Gesamtschule als Konzept nicht wirklich funktionieren kann, wenn es die Gymnasien als Konkurrenz gibt.“

Wer ist „man“? Ferner widerlegen in Hamburg zahlreiche Stadtteilschulen, die lieber als das Gymnasium angewählt werden, diese absolute These.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Zitrone

Oder die Eltern sind klug genug zu wissen, dass bei der möglichen Abschulung des eigenen Kindes noch eine Alternative, die NICHT die Gesamtschule ist, existiert.
Bei uns schauen die Gymmieltern mittlerweile dumm aus der Wäsche, weil die Realschule für ihre abgeschulten Gymmikinder KEINE ernstzunehmende Alternative mehr ist. Und die Gemeinschaftsschule noch weniger!

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

@Konfutse: „…weil die Realschule für ihre abgeschulten Gymmikinder KEINE ernstzunehmende Alternative mehr ist. Und die Gemeinschaftsschule noch weniger!“ – Reine Verständnisfrage: Warum nicht?

Anvi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Weil man dort mittlerweile ehr auf Hauptschulniveau unterrichtet. Zuerst hat man die Hauptschulen abgeschafft, weil deren Ruf zu schlecht geworden war. Wenn nun die Realschule alle Hauptschüler aufnehmen muss, wie soll sie das ursprüngliche Niveau halten und gleichzeitig niemanden zurück lassen?

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Anvi

Danke für Ihre Antwort!

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Ich denke, dass ein Grund ist, dass an den Gymnasien noch halbwegs homogene Gruppen beschult werden. An allen anderen Schulformen herrscht mittlerweile eine Heterogenität, die ein Fördern von starken oder stärkeren Kindern unterbindet.

Mo3
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

An unsere Grundschule wurde auch viel über Fördermöglichkeiten für schwächere Schüler gesprochen. Als ich nachfragte, was denn an Forderung für die starken Schüler gemacht wird, wurde das lapidar abgetan, weil man das ja eh laufend tun würde. Aha …

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

Danke!

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Zitrone

„keine Konkurrenz durch Gesamtschulen“
Aber im Artikel steht, dass es bereits drei Gesamtschulen in Siegen gibt. Wie viele SuS es in Siegen gibt, wird uns nicht verraten. Wikipedia weiß, dass es fünf Gymnasien und dazu eine Waldorfschule gibt.
Also welche „Konkurrenz“ soll gemeint sein? Viele können Abitur machen, aber danach fängt doch die wahre Konkurrenz erst an.
Und glauben Sie wirklich, dass „Gymnasialeltern“ Bürgerentscheide allein entscheiden können? Die anderen sind auch stimmberechtigt.

Trinkflasche
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

„Und glauben Sie wirklich, dass „Gymnasialeltern“ Bürgerentscheide allein entscheiden können? Die anderen sind auch stimmberechtigt.“

Das ist zwar richtig, aber häufig sind es die „Gymnasialeltern“, welche am besten vernetzt sind und sich organisieren (können). Das sieht man insbesondere in Hamburg gut, als der Bürgerentscheid zur sechsjährigen Grundschule lief. In den sozioöknomisch schwachen Bezirken mit wenigen Gymnasien wurde weniger gewählt, während in den Bezirken mit starken Gymnasien die Wahlbeteiligung höher war.

Besonders bezeichnend war übrigens, dass es die Infoblätter in zig Sprachen gab. Es gab Infoveranstaltungen, Infostände. Am Ende lautete der Tenor, dass nicht genug getan wurde, um auch Nicht-Deutsch-Sprechende Gruppen zu erreichen, die Kinder in der Schule haben. Ich kann das bis heute nicht nachvollziehen. Im Abendblatt und in der Mopo (nun gut, nicht die seriöseste Quelle) gab es Berichte, wie die Aufklärungsarbeit beispielsweise in Wilhelmsburg lief: Viele haben es nicht verstanden, einigen war es einfach egal.

Und genau deshalb haben sich unter anderem die „Gymnasialeltern“ durchgesetzt.

Grundsätzlich ist das Gymnasium übrigens die Schulform, die am wenigsten Veränderungen seit ihrer Gründung im 18 Jahrhundert erfahren hat. Das hat (zusammengefasst) Gründe, die stets mit dem gesellschaftliche Status der Gruppen zusammenhängen, die ihre Kinder auf diese Schulform schicken.

PaPo
1 Jahr zuvor

Der Bedarf an ordentlichen Haupt- und Realschulen, in denen die Schüler entsprechend ihrer Eignungen entsprechend möglichst optimal beschult werden, ist für die Mehrheit der Schüler offensichtlich. Das Problem ist „das Schulwahlverhalten der Eltern“ – dieses stimmt mit der tatsächlichen Eignung der eigenen Kinder im Gros nicht überein. Der Anteil derjenigen Schüler, der die hinreichende Eignung für Gymnasien hätten, wie sie vor 20, 30, 40 etc. Jahren existierten, die rigoros ihrer leistungsbasierten Selektions- und Allokationsfunktion nachgehen konnten, ist im Wesentlichen nicht gestiegen: Besuchten 1952 nur 15% aller Schüler das Gymnasium, sind es heute ca. die Hälfte aller Schüler in Deutschland. Als sei mittlerweile – wie durch ein Wunder – ca. ein Drittel der Bevölkerung geeigneter für das Gymnasium; ein Hoch auf die kognitive Mobilisierung!

Das ist politisch so gewollt, die Zahlen müssen stimmen. Entsprechend existieren insb. systemische Gründe, (a) warum überhaupt erst ein Mehr an Schülern an die Gymnasien gelangt (bspw. der Primat des Elternwillens bei der Wahl der weiterführenden Schulen; der Abbau alternativer Schulformen etc.) und (b) dort – bisweilen bis zum ‚erfolgreiche‘ Abitur – verbleibt (s. https://www.news4teachers.de/2022/05/debatte-wer-soll-ueber-die-weiterfuehrende-schule-entscheiden-eltern-oder-lehrer/#comment-446943); würde nicht auch aktiv seitens der Bezirksregierungen und Kultusministerien eine massive Niveaureduktion (bspw. mittels Prüfungsvorgaben etc.) normiert, würden auch die im Link zu (b) skizzierten Gründe alleine bereits diese Niveaureduktion bedingen, sehenden Auges der politisch Verantwortlichen.

Damit erodiert nicht nur das Abitur (wenn dieses immer mehr quasi zum Normabschluss wird), sondern erodieren natürlich auch die anderen Schulabschlüsse. Problematischer ist gar, dass damit ein Gros der Potenziale insg. auf der Strecke bleibt. Hauptschüler haben keine Hauptschulen mehr, an denen sie entsprechend ihrer Eignung entsprechend beschult und auf das Leben nach der Schule vorbereitet werden – und zwar als sozio-kulturell, -politisch und ökonomisch integrer Bestandteil unserer Gesellschaft. Dasselbe gilt für Realschüler. Und auch an den Gymnasien gehen die Potenziale unter, weil die zwangsweise Orientierung nach unten in den überfüllten Klassen/Kursen dafür sorgt, dass es garkein Fordern mehr gibt, während die Klassen-/Kursdynamiken an sich bereits inhibierend wirken können u./o. statt des naiven trickle-down-Effekts, bei dem schwache von starken Schülern profitieren sollen, die Schwachen dominieren und die Starken mit nach unten reissen.

Ich wiederhole: Das System ist eigtl. am Ende… wir wohnen dem Insolvenzverfahren des Bildungssystems bei.

… und dann wundert man sich auf Seiten der Verantwortlichen noch, warum 1/3 aller Bachelorstudenten hinschmeisst: Weil die Studierfähigkeit einfach nicht mehr existiert, nur noch die Studierberechtigung. Und auch die betriebe bekommen keine brauchbaren Auszubildenden mehr.

Aber wer hat schon den Schneid (an verantwortlicher Stelle), einfach mal Klartext zu reden? Dass Schullaufbahnempfehlungen [sic!] der Grundschulen wieder verbindlich sein müssen, wir wieder Haupt- und Realschulen brauchen? Niemand…

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Ja, leider keiner. Und in ganz absehbarer Zeit ist wegen des Bildungsnotstandes Schicht im Schacht in unserem Land.
Ich frage mich, wie wir uns eigentlich auf Dauer das Bürgergeld und andere Subventionen, die nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, noch leisten werden können, wenn wir es nicht mehr schaffen, unsere Kinder und Jugendlichen, die hier leben, als Fachkräfte zu rekrutieren. Ach, ich vergaß, die Fachkräfte sollen aus allen anderen Teilen der Welt importiert werden…..

Ron
1 Jahr zuvor

Das gegliederte Schulsystem mit seiner Unterscheidung in vier Kompetenzniveaus war eine ideale Differenzierungsmöglichkeit und bot Schülern, je nach Leistungsvermögen und Begabungsart, ein angemessenes und forderndes Lernumfeld. Das Gymnasium war für leistungsstarke Denker, deren Ziel das möglichst selbständige Arbeiten und Erarbeiten war. Die Realschule legte den Fokus auf eine stärkere Führung und Anleitung. Die Hauptschule war – und dies meine ich durchaus positiv – eine Schule für praktisch Begabte. Und die Förderschule bot mit individualisierten Hilfsangeboten den Schülern mit unterschiedlichen Lern- oder Verhaltensproblemen eine Heimat. Dies alles haben wir durch die IGSen, durch Oberschulen, durch freien Elternwillen sowie durch die Abschaffung der vorbereitenden und selektierenden Orientierungsstufe zerstört. Das Einfallstor dafür war zunächst die KGS, die ursprünglich bevölkerungsschwächeren Regionen ermöglichen sollte, allen Schülern ein Bildungsangebot zu machen. Dann kamen die linksgrünen Ideologen mit ihrer Gleichmacherei. Und ein paar Jahrzehnte später stehen wir nun vor dem Scherbenhaufen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Ron
Cicero
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Das dreigliedrige Schulsystem war leider in vielerlei Hinsicht einschränkend und hat den Schülern letztlich mehr geschadet als genutzt. Statt einer idealen Möglichkeit zur Differenzierung, wie vorgeschlagen, zwangen die verschiedenen Kompetenzniveaus die Kinder dazu, in eine von vier Schachteln zu passen, ohne Raum für Individualität oder Anpassung an ihre spezifischen Ziele und Talente. Darüber hinaus hatten diejenigen, die durch die Maschen fielen und in keine Schublade passten, kaum die Möglichkeit, eine sinnvolle Ausbildung zu erhalten, was ihr Potenzial, erfolgreich zu sein und im Leben voranzukommen, im Keim erstickte.

Die Abkehr von diesem veralteten System hin zu standardisierten Schulen auf allen Ebenen, die von IGSs, Oberschulen usw. angeboten werden, ist genau das, was die Schüler brauchen – es fördert die Vielfalt statt der Trennung; es ermöglicht allen Arten von Lernenden, unabhängig von ihrem akademischen Stand erfolgreich zu sein; es wird den individuellen Bedürfnissen am besten gerecht und dient nur konstruktiven Zwecken, anstatt eine Schichtung auf der Grundlage des wahrgenommenen sozialen Klassenhintergrunds zu schaffen. Anstelle von homogenen Klassen, in denen alle Schüler unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten das Gleiche im gleichen Tempo lernen (was sich in der Forschung als sehr ineffizient erwiesen hat), bietet eine einheitliche Schülerschaft einen besseren Rahmen für das Lernen: Sie geht umfassend und dennoch flexibel sowohl auf akademisch herausgeforderte als auch auf begabte Kinder ein und bietet jedem ein ernsthaftes, auf seine Begabung zugeschnittenes Konzept, um so ein geeigneteres Bildungsumfeld zu schaffen, in dem er sich selbst entwickeln kann.

Gleichberechtigung in der Bildung ist so viel mehr als nur die Aufhebung bestehender Grenzen und ein pauschaler Ansatz für die Schulbildung. Es geht darum, die Individualität zu verstehen, integrative Räume zu schaffen und für faire Chancen einzutreten – alles Elemente, die vom dreigliedrigen Schulsystem bekämpft wurden. Die Abkehr von dieser repressiven Bildungsstruktur hat dazu geführt, dass heute mehr Schüler Zugang zu weiterführenden Studiengängen haben, auch diejenigen, die zuvor als „praktisch begabt“ oder durch ein ungünstiges Lernumfeld benachteiligt galten; wir sind also eindeutig auf dem richtigen Weg zu einer gleichberechtigteren, gerechteren und leistungsfähigeren Bildung – und nicht zu dem Scherbenhaufen, den wir früher ertragen mussten.

Fraglich ist auch, ob es sich wirklich um eine ideale Differenzierung handelte oder einfach nur um eine Widerspiegelung der Ungleichheit zwischen den sozialen Schichten, die als etwas Schmackhafteres maskiert wurde. Vieles deutet darauf hin, dass Schüler aus einkommensschwächeren Familien eher in bestimmte Schulen eingeteilt wurden und damit für eine künftige Benachteiligung gerüstet waren – etwas, das höchst unethisch ist und in keiner Form der Bildung vorkommen sollte. Es ist zu hoffen, dass mit der Einführung neuerer Ansätze wie IGSs, Oberschulen usw. diese Art von diskriminierenden Vorurteilen langsam aber sicher endgültig aus unserem Schulsystem verschwinden werden.

Mo3
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

Und dann trifft die Theorie auf die Wirklichkeit …
Der erste Bildungsabschluss, auch wenn es ein Hauptschulabschluss ist, muss nicht der letzte sein und das dreigliedrige System ist durchaus durchlässig, wenn man im Interesse der Schüler berät. Oft ist es auch sinnvoll, erst einen Beruf zu lernen und seine Begabung zu finden um sich dann bis hin zum Studium weiterzubilden. All diese Möglichkeiten gibt es tatsächlich in Deutschland. Die Art der Schule, die man besucht hat, ist letztendlich gar nicht so entscheidend, sondern dass, was man anschließend daraus macht. Und da sind die Chancen heute größer als je bevor.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

Ein Werbetext für die Einheitsschule, der von der Realität längst überholt ist.

Statt einer idealen Möglichkeit zur Differenzierung, wie vorgeschlagen, zwangen die verschiedenen Kompetenzniveaus die Kinder dazu, in eine von vier Schachteln zu passen, ohne Raum für Individualität oder Anpassung an ihre spezifischen Ziele und Talente.
Gegenthese: Die Schüler passen infolge ihrer Eignungen in eine dieser „Schachteln“ – ohne Biegen u./o. Brechen. Inwiefern die Schulen des dreigliedrigen Schulsystems keinen „Raum für Individualität oder Anpassung an ihre spezifischen Ziele und Talente“ im Rahmen (a) der spezifischen Eignungen ihrer Schüler und (b) der Qualifikations- und insg. Sozialisationsziele von Schule haben sollten (grenzenloser Raum ist ja nicht Sinn und Zweck von Schule, im Gegenteil), müsste erläutert werden. Was genau ist Ihre Aussage hier?

Darüber hinaus hatten diejenigen, die durch die Maschen fielen und in keine Schublade passten, kaum die Möglichkeit, eine sinnvolle Ausbildung zu erhalten, was ihr Potenzial, erfolgreich zu sein und im Leben voranzukommen, im Keim erstickte.
s.o. – Sozialisation bzw. Enkulturation ist auch die Internalisierung von gesellschaftlichen Regeln, hat das Ziel der Funktionstüchtigkeit (s.a. hier: https://www.news4teachers.de/2022/12/nie-wieder-burnout-der-lehrerberuf-muss-zurueck-zu-seinen-wurzeln-dem-unterrichten-ein-news4teachers-leser-kommentiert/#comment-492659), btw auch zum Zwecke der individuellen Persönlichkeitsentfaltung (im Rahmen der entsprechenden Verfassungsgrenzen etc.). Sicher, bei wem aufgrund seiner (Achtung: Euphemismus) Idiosynkrasien hinsichtlich der (evtl. fehlenden) Gemeinschaftsfähig- und Eigenverantwortlichkeit ein hinreichendes Qualifikationsziel nicht erreicht wird, der wird es im Leben schwer haben, weil schwerlich sozio-kulturell, -politisch und ökonomisch integrierbar… ist keine Neuigkeit und vom Schulsystem auch unabhängig. Was genau ist Ihre Aussage hier?

[…] es ermöglicht allen Arten von Lernenden, unabhängig von ihrem akademischen Stand erfolgreich zu sein; es wird den individuellen Bedürfnissen am besten gerecht und dient nur konstruktiven Zwecken, anstatt eine Schichtung auf der Grundlage des wahrgenommenen sozialen Klassenhintergrunds zu schaffen.
Inwiefern soll Ersterex beim dreigliedrigen Schulsystem nicht der Fall sein? @Ron, dessen Beitrag Sie initial kommentiert haben, hat dies bereits hinreichend – auch bzgl. der entsprechenden Konstruktivität dieses Systems – erläutert; Leistungshomogenität ist die (notwendige) Devise.
Und der Rest Ihres Absatzes erfüllt außer der Bedienung von Ressentiments welchen Zweck? Nicht „auf der Grundlage des wahrgenommenen sozialen Klassenhintergrunds“soll ene „Schichtung“ [sic] in bestimmten Schukformen erfolgen, sondern basierend auf der entsprechenden Eignung der Schüler, d.h. auf Basis ihrer Leistungsfähigkeit i.V.m. ihrem (demonstrierten) Leistungswillen. Was insinuieren Sie hier? Inwiefern soll
der Erfolg von Schülern „von ihrem akademischen Stand“ bestimmt sein? Meinen Sie den Einfluss der soz. Herkunft auf die Bildunsbiographien von Schülern hierzulande? Dann gibt es hier eine Generalkritik: https://www.news4teachers.de/2022/05/das-schulsystem-macht-krank-warum-eine-grundschullehrerin-den-staatsdienst-quittiert-ihre-begruendung-im-wortlaut/#comment-448254

Anstelle von homogenen Klassen, in denen alle Schüler unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten das Gleiche im gleichen Tempo lernen (was sich in der Forschung als sehr ineffizient erwiesen hat), bietet eine einheitliche Schülerschaft einen besseren Rahmen für das Lernen […].
Eine „einheitliche Schülerschaft“ wäre in „homogenen Klassen“ gegeben (maßgebend kann hier im Wsentlichen nur die Leitungshomogenität sein). Dieser Absatz ergibt im Rahmen Ihres restlichen Textes keinen Snn, beinhaltet einen massiven Kohärenzfehler.

(was sich in der Forschung als sehr ineffizient erwiesen hat)
Belege?! Ansonsten: Hitchen’s Razor, d.h.: Nö.

Sie geht umfassend und dennoch flexibel sowohl auf akademisch herausgeforderte als auch auf begabte Kinder ein und bietet jedem ein ernsthaftes, auf seine Begabung zugeschnittenes Konzept, um so ein geeigneteres Bildungsumfeld zu schaffen, in dem er sich selbst entwickeln kann.
Mit „Sie“ meinen Sie heterogene Klassen, in Einheitsschulen (wie erwähnt, Ihr Text hat einen Kohäsions- und infolgedessen einen Kohärenzfehler)? Im Taka-Tuka-Land vielleicht, die realen Rahmenbedingungen von Schule erlauben dies gar nicht (s. https://www.news4teachers.de/2022/12/nie-wieder-burnout-der-lehrerberuf-muss-zurueck-zu-seinen-wurzeln-dem-unterrichten-ein-news4teachers-leser-kommentiert/)… uneachtet dessen, dass sich dieser Absatz von ihnen wie eine Kopie aus einem einschlägig ideologischen Pamphlet / einer unkritisch-affirmativen Reklame liest.

Gleichberechtigung in der Bildung ist so viel mehr als nur die Aufhebung bestehender Grenzen und ein pauschaler Ansatz für die Schulbildung. Es geht darum, die Individualität zu verstehen, integrative Räume zu schaffen und für faire Chancen einzutreten – alles Elemente, die vom dreigliedrigen Schulsystem bekämpft wurden.
Uninn. Insb. weil die Selektion und Allokation von Schülern ja aufgrund ihrer in einer gemeinsamen(!) Grundschule demonstrierten Eignungen basieren sollte. Die Gleichberechtigung(!) i.S.e. Chancengleichheit gem. Verfassung ist also gegeben, so ist bspw. Art. 3 GG gewahrt. Inwiefern der Staat unterschiedliche CHancen über diesen rechtlichen Aspekt hinaus nivellieren sollte, die durch unterschieldiche Ausprägungen bzw. das Fehlen elterlicher Unterstützung entstehen, ist eine Debatte, die mit dem dreigliedrigen Schulsystem eigtl. gar nicht so viel zu tun hat (s. Link im letzten Absatz).

Die Abkehr von dieser repressiven Bildungsstruktur hat dazu geführt, dass heute mehr Schüler Zugang zu weiterführenden Studiengängen haben, auch diejenigen, die zuvor als „praktisch begabt“ oder durch ein ungünstiges Lernumfeld benachteiligt galten; wir sind also eindeutig auf dem richtigen Weg zu einer gleichberechtigteren, gerechteren und leistungsfähigeren Bildung – und nicht zu dem Scherbenhaufen, den wir früher ertragen mussten.
Ungeachtet Ihres ideologisierenden Duktus: Definieren Sie bitte „Gleichberechtigung“ und „Gerechtigkeit“ intersubjektivierbar.
Und im Gegenteil, die Bildung wird nicht leistungsfähiger, sondern die Qualifikationsfunktion von Schule kann infolge der unterminierten Selektions- und Allokationsfunktion derselben als Konsequenz der im vorvorvorvorvorletzten Absatz skizzierten Hürden zur konstruktiven Wahrnehmung des Sinns und Zwecks von Schule nich geleisret werden, der Wer von Abschlüssen erodiert und der Mart wird bspw. überschwemmt mit Abiturienten, von denen nur eine Minderheit die tatsächliche Qualifikation eines Abiturienten hat, aber mit Scheinabiturienten auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren muss und dort evtl. zugunsten weniger Qualifizierter den Kürzeren zieht… tolle Leistungsgerechtigkeit. Und die Erosion des Abiturs hat natürlich Konsequenzen für alle anderen Schulabschlüsse (s. https://www.news4teachers.de/2022/09/akademisierungswahn-von-wegen-wenn-fachkraefte-gesucht-werden-kuemmert-euch-doch-mal-um-die-vielen-schulabbrecher/#comment-471405). Das(!) ist der eigtl. Scherbenhaufen, vor dem wir heute stehen.

Und ja, vielleicht hat Deutschland aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt einen gestiegenen Bedarf an Abiturienten und auch Akademikern. Aber das ist dann ein Bedarf nach entsprechend Qualifizierten, kein Bedarf nach Abiturienten,die nur auf dem Papier die entsprechende Eignung haben (aus denen resultieren dann auch nicht mehr Akademiker – es hat sienen Grund, dass mittlerweile 1/3 aller Bachelorstudenten ihr Studium abbricht). Da hat die bildungspolitisch zu verantwortende Erosion des Bildungssystems dem Problem einen Bären dienst geleistet.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

@PaPo: Sehr pointiert und dabei wissenschaftlich unterfüttert. Genauso ist es! Danke.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Ergänzung zum Bedarf an Abiturienten gen Ende meines ersten Beitrags:

Deutschland, d.h. die politischen Entscheidungsträger, müssen sich auch endlich einmal ehrlich machen. Deutschland hat wohl einen gesteigerten Bedarf an tatsächlich qualifizierten Abiturienten für den heutigen Arbeitsmarkt und den der Zukunft, aber keine hinreichende Menge an Menschen, die entsprechend qualifiziert, nein qualifizierbar wären.

Mehr Menschen den Zugang auf das Gymnasium zu gewähren, um am Ende mehr tatsächlich Qualifizierte zur Verfügung zu haben, weil man meint, dass mit dem klassischen dreigliedrigen System / der klassischen Selektion und Allokation (resp. der Verbindlichkeit von Schulformzuweisungen durch die Grundschulen) zu Fehlselektionen/-allokationen kommen kann, die Potenziale unerkannt/-ausgeschöpft lassen (z.B. wenn ein Kind mit Eignung für das Gymnasium an in der Hauptschule landet), ist eine Rechnung, die einerseits keine hinreichenden Ergebnisse zeitigen wird, weil dies nur einen insg. vernachlässigbaren Teil der Schüler insg. betrifft, andererseits kontraproduktive Effekte zeitigen wird, wie ich sie hier bereits skizziert habe.

Denn bzgl. der ersteren Feststellung muss ergänzt werden, dass – ich wiederhole mich – der Anteil der insb. kognitiv entsprechend geeigneten Schüler sich in den letzten Jahrzehnten sich nicht quasi magisch derart vermehrt hat. Es wird immer noch maximal ein Viertel oder ggf. nur ca. ein Fünftel der Schüler hierzulande entsprechend geeignet sein und – und das ist einer der zentralen Punkte, den niemand der Verantwortlichen in der Form adressieren will – nicht zur entsprechenden Eignung beschult, gefördert o.ä. werden können, weil die natürlichen(!) Kapazitäten nicht hinreichend sind. Denn ja, Intelligenz bspw. ist offenbar auch zu einem Gros genetisch(!) bedingt (viel Vergnügen beim Sichten der einschlägigen Studien via PubMed und Co.) und unterliegt dabei gesamtgesellschaftlich dem Phänomen der Normalverteilung (ähnlich mglw. sieht es mit sensomotorischer Synchronisation und Co. aus, ist aber nicht mein Themenfeld). Wir haben diesbzgl. also nur geringe Potenziale, diese gilt es deshalb entsprechend zu fördern (also hier: fordern) und evtl. auch von außerhalb Deutschlands her aufzustocken, wenn wir den Bedarf sonst nicht decken können.

Aber dies wird torpediert, indem die polit. Verantwortlichen den (potenziellen) Wählern ggü. mit verqueren Vorstellungen von Gleichberechtigung (also eigtl. Chancengleichheit) operieren, aber eigtl. (eignungsunabhängige, undemokratische) Gleichstellung (also Ergebnisgleichheit) meint; Gleichberechtigung in einer Demokratie bedeute, so wird verzerrt, dass jeder alles erreichen könne… tatsächlich meint es in diesem Zusammenhang nur, dass jeder alles versuchen kann, z.B. versuchen kann, sich zu qualifizieren, das inkludiert aber keine Garantie auf Zielerreichung. Und das ist ein Bewußtstein, das immer großflächiger zu erodieren scheint , zuungunsten einer grenzlosen Anspruchshaltung i.V.m. einer vollkommen verzerrten, übersteigerten Selbstwahrnahmung.

Mahlzeit.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Ergänzend sei noch angemerkt, dass wir durch die vielen Schüler und späteren Studenten, die eigentlich nicht die Voraussetzungen für diese Art von Bildungsabschluss mitbringen, enorme Recourcen von Geld und Zeit verschwenden. Der junge Erwachsene, der nach schwachem Massenabitur und abgebrochenem Bachelorstudium wieder bei Null landet, hat fünf Jahre verschwendet, die er bereits hätte erwerbstätig sein können. Er könnte z.B. bereits selbständiger Meister eines eigenen Handwerksbetriebes sein, würde, statt alimentiert zu werden, Steuern und Rente zahlen.

Und noch eins: Immer so gerade durchzukommen, sich zu strecken und doch seine Grenzen zu haben, am Ende sogar zu scheitern, das macht Menschen nicht glücklich.

Last edited 1 Jahr zuvor by Ron
Bellabolli
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

Sie sagen, dass im dreigliedrigen System diejenigen, die durch die Maschen fielen und in keine Schublade passten, kaum die Möglichkeit hatten, eine sinnvolle Ausbildung zu bekommen.

Ich frage Sie, was ist nun besser daran, wenn man diesen Schülern, auf Kosten des Leistungsniveaus für alle anderen, einen höheren Abschluss hinterherwirft? Das entwertet lediglich den Abschluss für alle anderen. Drum klagen die Ausbildungsbetriebe ja heute über schlechte Grundlagen ihrer Azubis und die Hochschulen bieten Kurse um die Abiturienten überhaupt studierfähig zu bekommen …

Umgekehrt wird doch ein Stiefel draus: Der Hauptschulabschluss müsste gesellschaftlich wieder anerkannt genug sein, um eine Ausbildung, beispielsweise im Handwerk oder Einzelhandel, machen zu können.

Die „Gleichmacherei“ funktioniert nicht, weil Menschen nicht gleich SIND.

Anvi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

Statt drei bzw. 4 Schubladen hat man in der Gesamtschule nur eine. Warum sollte das besser funktionieren?

„bietet jedem ein ernsthaftes, auf seine Begabung zugeschnittenes Konzept“
Soviel zur Theorie. Praktisch hat jeder Lehrer maximal 2 Minuten pro Schüler zur Verfügung. Wie soll man den individuellen Bedürfnissen in einer so heterogenen Gruppe gerecht werden? Mit dreimal soviel Lehrern mag das funktionieren, aber da sind wir wieder bei der Theorie…

„Anstelle von homogenen Klassen, in denen alle Schüler unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten das Gleiche im gleichen Tempo lernen (was sich in der Forschung als sehr ineffizient erwiesen hat)“
Das bezweifle ich und behaupte das Gegenteil. Effizienter würde bedeuten, dass eine Hauptschulklasse, eine Realschulklasse und eine Gymnasialklasse auf einer Gesamtschule gemischt einen besseren Klassendurchschnitt erreichen würden. Und das bei gleichbleibender Lehrerzahl. Oder wurden da, wie so oft, Äpfel mit Birnen verglichen, z.B. Schulen mit unterschiedlicher Ausstattung?

„dass Schüler aus einkommensschwächeren Familien eher in bestimmte Schulen eingeteilt wurden und damit für eine künftige Benachteiligung gerüstet waren“
Benachteiligungen sollte man bekämpfen mit besserer Ausstattung für Schulen mit vielen benachteiligten Schülern. Ein problematisches Elternhaus wird man damit aber dennoch nicht ausgleichen können. Alle guten Schüler deshalb zu bremsen kann nicht die Lösung sein.

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

@Cicero: Sie glauben wirklich an das, was Sie da vorgetragen haben, oder? – Liest sich wie eine parteipolitische Hochglanzbroschüre voller Wahlversprechen: stellt man jedoch die Wirklichkeit dagegen…

Mom73
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

In der Orientierungsstufe wurde nicht nach sozialen Schichten sondern nach A/B/C Kursen entschieden. Ist man im B-Kurs gewesen, wusste man, man muss mehr tun, um in den A-Kurs zu kommen, wenn man z.b. zum Gym. wollte, usw….
Klar definiert und leicht verständlich für alle Beteiligten.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mom73

So in etwa vielleicht. Manchmal ist aber auch der A-Kurs zu klein und der B-oder C-Kurs zu groß….dann rutscht man ganz schnell in den nächsthöheren Kurs, damit die Klassenstärken stimmen.
Wer das bestimmt? Die Chefetage….

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cicero

„Die Abkehr von diesem veralteten System zu standardisierten Schulen auf allen Ebenen … fördert die Vielfalt“

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Eigentlich wollte ich Cicero noch fragen, wieso ausgerechnet eine „standardisierte“ Schule die Vielfalt fördert. Produziert die dann nicht eher „standardisierte“ SuS, unterrichtet von „standardisierten“ Lehrern? KMK-Bildungsstandards haben wir übrigens schon, sie werden nur nicht eingehalten.

Lehrerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Genau so ist es! Und das Schlimmste daran: Es gibt immer noch (!) viel zu viele, die die „Vorteile“ der „Einen Schule für alle!“, also der Gleichmacherei und Nivellierung nach ganz, ganz unten als Lösung der Misere verkaufen wollen – und Gewisse EinheitsgeWerkschaften tönen mit demselben Mist überall im Land, in BW wird der Unfug von den Grünen unterstützt. Wer um alle Welt wählt so was?? Immer noch mehr vom Falschen…
Damit es nicht sofort auffällt, werden jetzt die Grundschulen ohne Noten propagiert, an GMS nur hohles Geschwafel ins Zeugnis geschrieben und die Abi-Schnitte nach oben korrigiert, wenn die Aufgaben (besonders in Mathe, da kann man schlechter schwafeln) angeblich zu schwer waren… Man fasst es nicht.

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrerin

Nach meiner Erfahrung als alte Grund- und Hauptschullehrerin war es so:
An der HS war der Klassenbeste ein Hauptschüler, an der Realschule ein Realschüler und am Gymnasium ein Gymnasiast.
An der Gesamtschule ist der Klassenbeste auch ein Gymnasiast.

In SH gibt es keine HS und keine RS mehr.

Magdapopagda
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Es gibt mehr als eine Förderschule..

Carsten60
1 Jahr zuvor

Woher kommt nur der Wahn, Schulen müssten 1000 Schüler oder mehr haben? Warum kann man keine kleinen Schulen haben? Aus Finnland wurde berichtet, dass es dort Schulen mit 40-50 Schülern (!) gibt, bei uns gibt’s welche mit über 100 Lehrern.

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Bei uns gibt es sogar Schulen mit unter 20 Kindern! S. Halligschulen

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

Leider nur auf ein paar Halligen und auch nur bis zur 4. Klasse.

Wobei der Trend insgesamt wohl zur Dorfschule 2.0 geht – mit JÜL 1-4. Die Mindestklassengröße ist aber auch dann – von den Halligen abgesehen – 22.

Lera
1 Jahr zuvor

Die Mehrheit der Siegener hat offenbar die Segnungen der integrierten Oberstadtteilgemeinschaftsschulen nicht verstanden. Toxisches Siegen!

Einer
1 Jahr zuvor

In der Theorie ist die Gesamtschule eine schöne Idee, aber nicht so wie sie bei uns umgesetzt werden. Zu wenig Personal, viel zu wenige Sozialarbeiter, zu große Klassen und zu wenig Geld. Wäre das gegeben, wären sie gut. Aber nicht besser als das dreigliederigesystem

Ach Moment mal, dass trifft ja auf alle deutschen Schulformen zu.

Mo3
1 Jahr zuvor

Man kann sicher nicht pauschal sagen, dass Realschulen allgemein unter Schülermangel leiden (Hauptschulen schon eher, da die Schulart nicht mehr so angesehen ist, auch wenn dort auch ein guter Job gemacht wird). In anderen Städten haben Realschulen sogar einen Anmeldeüberhang. Wenn Schulen (egal welche Schulart) wenig Zulauf haben, liegt es teilweise auch an der aktuellen Situation oder der allgemeinen Zufriedenheit mit gerade dieser Schule. Ich finde es aber richtig, dass die Vielfalt erhalten bleibt, wo das möglich ist und im Sinne der Vielfalt müssen es auch nicht immer Gesamtschulen mit Oberstufe sein, da die Vielfalt der Oberstufen (z.B. an beruflichen Gymnasien) darunter auch leidet.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

Genau. Und vor diesem Hintergrund wäre eine z.B. Aufnahmeprüfung an die weiterführenden Schulen (RS, WRS, HS, Gym, GMS) bzw. die bindende Grundschulempfehlung sehr sinnvoll und zielführend. Dann können Eltern, die die Vielfalt bzw. „Einheitlichkeit“ gut finden und denken, die GS-Lehrer haben falsch empfohlen, ihr Kind an die Einheitsschule bzw. GMS bzw. Gesamtschule schicken. So haben alle Schulformen ihre Berechtigung und die Eltern eine vielfältige Wahlmöglichkeit.

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

Ich wäre gar nicht abgeneigt für das Prinzip „alle unter einem Dach“, wenn dann eine Differenzierung in Leistungskursen stattfindet. Mit guter Ausstattung kann das gut klappen.

In Skandinavien wird so schon im GS-Alter differenziert.

Und in der Mittelstufe können dann Punkte gesammelt werden, je nach Kurs in einem Fach und der dort erbrachten Leistung. Innerhalb der Fachkurse kann auch gewechselt werden, sowohl nach oben als auch nach unten, je nach erreichter Punktzahl.

Überwiegend klappt das, wenn es auch weniger Klassengemeinschaft gibt, da ein Kind in Mathe, Sprachen, Physik etc. in unterschiedlichen Leistungskursen sein kann. Je nach Schulgröße gibt es 2-3 Leistungsstufen pro Fach.
In der GS kommt noch die Förderstufe dazu, die mindestens bis Jahrgang 6 angeboten werden muss.

Nach Klasse 9 wird der Schüler dann einer der beiden weiterführenden Schulen (Gymnasium bzw Berufsfachschule) zugewiesen. Oder er geht ab.
Hier zählt dann nur noch die Punktzahl.
Nach Erreichen der allg. bzw Fach- Hochschulreife muss an der Uni aber immer eine Aufnahmeprüfung bestanden werden.

Last edited 1 Jahr zuvor by GS in SH
Cuibono
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

Das ist die US-amerikanische Highschool.
Selbstverständlich dann zusätzlich Aufnahmeprüfungen für die Uni.

Wäre o.k. – wahrscheinlich würde aber auch hier das Ergebnis aussehen wie immer: intelligente, gut geförderte Kinder aus stabilen, liebevollen, sich kümmernden Familien haben die besten Noten und werden wieder überproportional die Studienplätze erhalten.

Egal, welches System – nichts und niemand,schon gar keine Institution kann die Herkunftssozialisation toppen.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cuibono

… zumal die genetisch vorgegebenen und kaum formbaren Teile der Intelligenz bei den zum Zeitpunkt der Einschulung älteren Schüler stärker zum Tragen kommen als die formbaren Teile.

Die Schere wird dann noch weiter auseinandergehen, vorausgesetzt die Hochschulen setzend die Ansprüche auf ein Niveau, das eher auf Abschlussfähigkeit und nicht Personalschlüssel abzielt. Letzteres gibt es bei den Gymnasien leider viel zu viel.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

Äußere Differenzierung in der Grundschule darf es in SH nicht regelmäßig geben – höchstens ausnahmsweise und zeitweise und schon dafür muss man sich beim Schulamt rechtfertigen.

Rainer Kebeck
1 Jahr zuvor

Solange monetäre Faktoren die Bildungslandschaft maßgeblich prägen und fehlgeleiteter „Elternwille“ pädagogisch sinnvollem Handeln vorangestellt wird, solange völlig überbezahlte Entscheidungsträger mit selbstgefälligen, offensichtlich ins Chaos laufenden Entscheidungen durchkommen (Rechtschreibreform, G8, …), sehe ich finstere Zeiten auf uns zukommen.
Es kommt nicht irgendwo ein Lichtlein her…
Vielmehr habe ich in 24 Jahren Erfahrung Hauptschullehrerdasein mit der „Obrigkeit“ gelernt, „Schlimmer geht immer“. Sollen die Gesamtschulen doch den „Gesellschaftlichen Bodensatz“, um den wir mit jahrelanger Erfahrung tagtäglich kämpfen, aufs Auge gedrückt bekommen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis uns diese aufgeblähten, scheinbar weniger kostenintensiven Systeme um die Ohren fliegen. Dann wird man in Bildungsministerien große Augen machen, Pilatus nachäffen und sich die allseits bekannte Frage stellen… „Wie konnte das nur passieren“

Against Fremdbetreuung
1 Jahr zuvor

Ui, da sind die Philologen sind aber aufgeschreckt!

Lera
1 Jahr zuvor

„Für Klarheit hat das nicht gesorgt.“

Kleiner Tipp:

Verbindliche Empfehlungen schaffen maximale Klarheit.

Solange die Haupt- und Förderschüler die Wahl zwischen Haupt-/ Förderschule und Gesamtschule haben, gehen die halt zur Gesamtschule – klingt besser und auf dem Schulhof gibt es nicht NUR Gangster, sondern auch wunderbare Opfer, um hier mal im Duktus zu bleiben.

Wie? Politisch nicht gewollt? Noten in der GS sollen zu 100% wertlos bleiben oder besser noch ganz abgeschafft werden? Zwei Schulformen sind billiger als vier?

Da hilft wohl nur, sich maximal dumm zu stellen:

Warum nur meldet sich keiner freiwillig an der Hauptschule an?? Sehr mysteriös!

Ichmussdamalwasloswerden
1 Jahr zuvor

In Hamburg sieht man, wohin eine Abschaffung von Schulformen geführt hat: Gesamtschulen (heißen Stadtteilschulen) sind ein Sammelsorium von Haupt- und Sonderschülern geworden mit ein paar Realschülern dazwischen und vielen Flüchtlingskindern, die kaum deutsch sprechen. Die besseren Realschüler tun alles um ans Gymnasium zu kommen und dort zu überleben. Man kann es ihnen nicht verdenken.